Berlin/Moskau — Ein besonderer Fall von Ausverkauf nationaler Kulturgter sorgt derzeit für Wirbel in Russland. Am 11. Dezember kommen beim Auktionshaus Sothebys in New York zehn Schlüsseldokumente aus der Geschichte der sowjetischen Raumfahrt unter den Hammer.
Das wertvollste davon ist zweifellos eine Kopie des Flugberichts von Juri Gagarin nach der historischen
Erdumkreisung in seiner „Wostok“-Kapsel am 12. April 1961. Vier solcher Kopien existieren derzeit noch,
davon zwei in Privatbesitz. Sothebys rechnet mit einem Erls zwischen 500 000 und 700 000 Dollar. Ferner steht das Manuskript der Dankesrede zum Verkauf, die der erste Kosmonaut der Welt nach seiner Nominierung zwei Tage vor seinem Flug vor der Staatlichen Kommission für Weltraumtechnik gehalten hat. Hier werden Gebote zwischen 200 000 und 300 000 Dollar erwartet. Auerdem werden Tagebücher und
Aufzeichnungen von Wassili Mischin (1917-2001) angeboten, in denen der weltbekannte
Raketenkonstrukteur die Entwicklung des sowjetischen Raumfahrtprogramms in den Jahren 1960-1974 skizziert.
Die offizielle Raumfahrtagentur Roskosmos „bedauert“ in einer Erklrung, dass diese „Raritten der sowjetischen Raumfahrt“ verscherbelt werden sollen. Sie habe aber kein Geld, um selbst mitzubieten. Roskosmos setzt deshalb auf die Groherzigkeit reicher, patriotischer Russen. „Wir haben die Hoffnung, dass russische Unternehmer die historischen Dokumenten kaufen, in die Heimat zurckbringen und – nach Müglichkeit – dem Raumfahrtmuseum schenken, das bald auf dem Gelnde des Allrussischen Ausstellungszentrums erffnet wird“, sagte Agentursprecher Alexander Worobjow.
Zur Herkunft der Auktionsobjekte fgte er hinzu, sie seien aus „privaten und Familiensammlungen“ zu einer
Zeit ins Ausland verbracht worden, als es die Raumfahrtagentur noch nicht gegeben habe. Deshalb habe
sie auch keinen Einfluss auf das Schicksal dieser Reliquien nehmen knnen. Zudem liege die Kontrolle
ber die Ausfuhr solcher Dokumente nicht im Zustndigkeitsbereich der Agentur, sondern des
Kultusministeriums. Worobjow versicherte jedoch, es wrden „Manahmen getroffen“, um die Dokumente mit den Unterschriften von Chefkonstrukteur Sergej Koroljow (1907-66) und anderen fhrenden Persnlichkeiten der sowjetischen Raumfahrt „fr immer in Staatsbesitz“ zu bringen.
Sothebys hat bereits in der Vergangenheit zahlreiche sowjetische Raumfahrtobjekte versteigert. Vielfach
waren sie nach dem Zerfall der Sowjetunion von Kosmonauten oder deren Nachkommen aus materieller Not zum Verkauf angeboten worden.
(Verffentlicht am 9. Dezember 2009)