Berlin/Moskau, 9. Dezember 2009 — Die Amerikaner spannen ihre Partner bei der Entscheidung über die Zukunft der Internationalen Raumstation ISS ganz schön auf die Folter. Während sich Russland, die Europäische Weltraumorganisation ESA, Japan und Kanada schon seit langem entschlossen haben, die Station über 2015 hinaus noch bis mindestens 2020 zu betreiben, haben sich die USA dazu noch nicht geäußert. Doch jetzt scheint sich ein Licht am Ende des Tunnels abzuzeichnen. Der Chef der US-Luft- und Raumfahrtbehörde NASA, Charles Bolden, habe ihm „persönlich versprochen“, diese Frage auf dem nächsten Jahrestreffen der ISS-Partner im April 2010 „zu erörtern“, ließ der Vorsitzende der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos, Anatoli Perminow, zu Wochenbeginn leicht hoffnungsvoll verkünden.
Die knappe Pressemeldung lässt ahnen, in welcher Zeitnot sich die Russen befinden. Denn mit der Landung der Raumfähre „Atlantis“ im November haben sie schon die alleinige Verantwortung für den Personenverkehr zwischen Erde und Station übernommen, und nach Einstellung der Shuttle-Flüge im September 2010 kommt dann auch noch der Großteil des Frachtnachschub hinzu. Das erfordert die Verdopplung der bemannten „Sojus“-Starts auf vier pro Jahr und die Erhöhung der Zahl der „Progress“-Versorgungsflüge. Das wiederum bedeutet den Bau zusätzlicher teurer Raumschiffe. Bisher haben sich die USA aber nur bis 2012 bei den „Sojus“-Kapseln eingekauft.
Doch nicht nur Perminow sitzt auf glühenden Kohlen, sondern auch Bolden. Der wartet sehnsüchtig auf ein Wort seines Präsidenten Barack Obama. Eigentlich wollte der schon im September über das neue Raumfahrtprogramm entscheiden, das den Bau des Shuttles-Nachfolgers „Orion“ samt Trägerraketen für Flüge zum Mond und zum Mars vorsieht. Doch der Präsident war bisher offenbar zu sehr mit seiner Gesundheitsreform, Afghanistan und dem Klimaschutz befasst, dass er keine Zeit für außerirdische Dinge hatte. Boldens Versprechen lässt Russland jetzt hoffen.
Bisher ist nicht abzusehen, wie es in der US-Raumfahrt weiter geht. Das Interesse an der ISS hält sich aber in engen Grenzen. Allerdings kann man sich wohl schon aus Prestigegründen keinen Ausstieg erlauben. Denn das bedeutete das Ende des Jahrtausendprojekts, in das auch Europa und Japan Milliarden investiert haben.
Die bemannte russische Raumfahrt steht und fällt ebenfalls mit der Station. Die „Sojus“-Schiffe können nur kurze Zeit autonom operieren. Selbst die Abkopplung des russischen ISS-Segments, das erst 2015 voll ausgebaut sein wird, wäre keine Lösung, weil es ohne den US-Teil nicht leben kann. Es kann aber als Basis für eine eigene neue Station dienen, die durch ein „Universalmodul“ komplettiert wird, das bereits für den den Fall der Fälle im Bau sein soll.
(Material für ddp)