Berlin — Die internationale Raumfahrt ist seit Dienstag um ein historisches Datum reicher. Knapp 50 Jahre nach dem Flug des ersten Menschen ins All begegneten sich mit dem Russen Sergej Wolkow und dem Amerikaner Richard Garriott die Kinder zweier Raumfahrtpioniere auf der Umlaufbahn. Freudig schwebten die beiden Männer rund eineinhalb Stunden nach der Ankopplung des Raumschiffes „Sojus TMA-13“ um 10.24 Uhr MESZ an der ISS aufeinander zu und umarmten sich herzlich. Damit hat die zweite Raumfahrergeneration den Staffelstab übernommen, wenn auch Garriott kein professioneller Astronaut ist.
Die Lebensläufe von Wolkow jun. und Garriott jun. könnten unterschiedlicher nicht sein. Doch eines eint sie über alle Grenzen hinweg: Die Leidenschaft für die Raumfahrt, die ihnen quasi in die Wiege gelegt worden ist. Denn ihre Väter Alexander und Owen gehören mit drei beziehungsweise zwei Raumflügen zu den Veteranen der beiden Kosmosgroßmächte.
Sergej Wolkow, geboren am 1. April 1973 im ukrainischen Tschugujew bei Charkow, hat eine typische sowjetisch/russische Offizierskarriere gemacht. Nach dem Abitur besuchte er die Militärfliegerhochschule in Tambow, die er 1995 abschloss. Danach diente er zwei Jahre in der Luftwaffe und kam dann ins Kosmonautenkorps, wo er sich auf einen Flug zur ISS vorbereitete. Seit April ist der Oberstleutnant als Kommandant der 17. Stammbesatzung gemeinsam mit seinem Landsmann und Bordingenieur Oleg Kononenko in der Station. Beide werden übrigens am 24. Okober gemeinsam mit Garriott wieder zur Erde zurückkommen und hoffen auf eine weiche Landung nach dem ungesteuerten Abstieg der beiden vorangegangenen „Sojus“-Kapseln.
Richard Garriott, der am 4. Juli 1961 in Cambridge (England) zur Welt kam, wuchs in Nassau Bay bei Houston (Texas) unter Astronauten und Raumfahrtspezialisten auf. Auch er wollte wie sein Vater Astronaut werden, fiel aber bei der NASA wegen einer Sehschwäche durch die medizinischen Prüfungen. Daraufhin beschloss er, es auf dem privaten Umweg zu versuchen. Die Millionen dafür verdiente er sich zusammen mit seinem Bruder Robert mit Computer- und Videospielen. Garriott jun. will durch wissenschaftliche Experimente unter anderem im Auftrag der NASA, des Paketdienstes DHL, des Uhrenherstellers Seiko und der FU Berlin sowie durch den Verkauf von handsignierten Weltraumfotos einen Teil seiner gut 30 Millionen Dollar refinanzieren, die er in seinen Lebenstraum investiert hat.
Im Gegensatz zu den Amerikanern, die in ihren Shuttles grundsätzlich keine „Weltraumtouristen“ mitnehmen, sehen die finanzschwachen Russen darin eine willkommene Gelegenheit, ihre leeren Kassen aufzufüllen. Der Chef der Moskauer Raumfahrtagentur Roskosmos, Anatoli Perminow, hat zu Wochenbeginn verkündet, dass dieses Geschäft in Zukunft noch ausgebaut werde. So verhandele man derzeit mit der
US-Gesellschaft Space Adventures Ltd. über den Bau eines speziellen „Sojus“-Raumschiffes für zwei „Weltraumtouristen“ und einen professionellen Piloten. Die Entscheidung darüber solle „im kommenden Monat“ fallen. Damit kommt auch Richard Garriott wieder ins Spiel. Denn er ist Vizepräsident des Unternehmens,
das alle bisherigen sechs Hobbyraumfahrer, also auch ihn, an die Russen vermittelt hat.
(Veröffentlicht am 14. Oktober 2008)