Houston – Die butterweiche Landung der US-Raumfähre „Atlantis“ auf dem Weltraumbahnhof Cape Canaveral (Florida) hat am Mittwochnachmittag den Schlusspunkt unter eine für Europa höchst bedeutsame Mission gesetzt. Der Shuttle hat nämlich nach vielen Jahren Verzögerung endlich den Hauptbeitrag des alten Kontinents zur Internationalen Raumstation ISS gebracht – das Forschungslabor „Columbus“. Mit dabei war auch der deutsche Astronaut Hans Schlegel, der das 880 Millionen Euro teure Wunderwerk der Technik zusammen mit seinem französischen Kollegen Leopold Eyharts ins All begleitet hatte.Mit „Columbus“ verfügt Europas Weltraumorganisation ESA nunmehr über eine ständige Außenstation im All, in der zehn Jahre lang Forschung in der Schwerelosigkeit für die Wissenschaft und die Praxis betrieben werden soll. Über 300 Experimente, darunter knapp die Hälfte aus Deutschland, sind bereits eingereicht worden und zeugen vom großen Interesse für das Labor. Schlegel selbst sagte, für ihn markiere „Columbus“ den „Beginn der bemannten europäischen Raumfahrt“. Dieses Thema steht auch nach Ansicht von ESA-Generaldirektor Jean- Jacques Dordain auf der Tagesordnung. Er freut sich zudem, dass Europa nunmehr in der ISS „auf Augenhöhe mit den USA und Russland“ vertreten ist. Sein NASA-Counterpart Michael Griffin sprach davon, dass die Station jetzt „wirklich multinational“ sei.
Der Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Johann-Dietrich Wörner, sagte, nach der Inbetriebnahme von „Columbus“ stehe jetzt die Forschung im Mittelpunkt. Mit dem Labor seien die Forschungskapazitäten der ISS um 50 Prozent gestiegen. Deutschland werde bereits „in der kommenden Woche das erste von 19 Experimenten im medizinischen Bereich starten“.
Während Schlegel mit der siebenköpfigen „Atlantis“-Crew unter Commander Steve Frick wieder zur Erde zurückgekehrt ist und freudig von seiner Familie begrüßt wurde, blieb Eyharts in der ISS, um das Forschungslabor in nächster Zeit voll hochzufahren. Die Freude des Deutschen über den erfolgreichen 13- Tage-Flug wird allerdings durch ein dummes Missgeschick getrübt. Denn just zu dem Zeitpunkt, da er mit seinem amerikanischen Kollegen Rex Walheim in den freien Raum aussteigen sollte, um „Columbus“ an die Station zu montieren, bekam er ein medizinisches Problem. Worum es sich bei dem „medical issue“, wie die NASA es nannte, gehandelt hat, wurde unter Hinweis auf die Privatsphäre der Astronauten nicht mitgeteilt.
Wie dem auch sei – der „Weltraumspaziergang“ musste um einen Tag verschoben, und Schlegel wurde durch seinen Freund Stanley Love blendend vertreten. Dass er gerade diesen Ausstieg versäumt habe, sei natürlich eine „Enttäuschung“ für ihn gewesen, gestand der Deutsche in einer Videopressekonferenz von Bord. Glücklicherweise verschwand sein Gesundheitsproblem aber genau so schnell wie es gekommen war, und der 56 -Jährige konnte seinen zweiten Ausstieg wie geplant unternehmen. Wie besessen arbeitete Schlegel zusammen mit Walheim beim Austausch eines Stickstofftanks, so dass die beiden Männer schließlich dem engen Zeitplan eine halbe Stunde voraus waren. Der Deutsche nutzte dann die verbliebene Zeit, um noch die Halterungen von „Columbus“ in der Shuttle-Ladebucht mit Schutzhüllen abzudecken.
Auch für US-Astronaut Daniel Tani mischte sich bei der Rückkehr ein Wermutstropfen in den Becher der Freude. Denn seine 90-jährige Mutter, zu der er ein besonders inniges Verhältnis hatte, war kurz vor Weihnachten bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt. Da der „Atlantis“-Start wegen eines technischen Problems von Anfang Dezember auf den 7. Februar verschoben werden musste, blieb er zwei Monate länger als 2. Bordingenieur in der ISS. Die Familie wartete deshalb mit der Beisetzung, so dass Tani jetzt persönlich Abschied von der Verstorbenen nehmen kann.
(Text vom 20. Februar 2008 für die Nachrichtenagentur ddp)