Moskau, 1. Dezember 2014 — Der Absturz der “Antares”-Rakete mit dem privaten US-Frachter “Cygnus” vom 28. Oktober hat für den russischen Triebwerkshersteller „Kusnezow“ erhebliche finanzielle Folgen. Die Entscheidung von Orbital Sciences, künftig auf die modifizierten NK-33-Triebwerke zu verzichten, bedeute einen Verlust von rund 500 Millionen Dollar, berichtet die Nachrichtenagentur TASS unter Berufung auf den Pressedienst des Unternehmens in Samara an der Wolga.
Der Fehlstart der Rakete ist voraussichtlich auf einen Schaden an der Turbopumpe einer der beiden Triebwerke der ersten Stufe zurückzuführen. Orbital Sciences hatte daraufhin mitgeteilt, die AJ26-Triebwerke nicht mehr einzusetzen, die auf den russischen NK-33 basieren, die in den 1970-er Jahren für das Mondprogramm Moskaus entwickelt worden waren.
Das Unternehmen „Kusnezow“ betonte, dass es zwar mit Orbital Sciences vereinbart habe, bis 2020 50 NK-33-Triebwerke zu liefern. Da es sich aber nur um einen Optionsvertrag handele, seien die Amerikaner nicht verpflichtet, diese zu den darin festgelegten Bedingungen auch abzunehmen.
Mit welchen Triebwerken die geplante verbesserte “Antares”-Version ausgerüstet werden soll, hat das US-Unternehmen aus betrieblichen Gründen noch nicht verraten. Die Russen machen sich Hoffnung, dass die Wahl auf ihre RD-193 fällt, die von der Wissenschaftlichen Produktionsvereinigung (NPO) Energomasch in Chimki bei Moskau gebaut werden. Die neue “Antares” soll 2016 das erste Mal starten.
Orbital Sciences zeigte sich zuversichtlich, dass die noch ausstehenden fünf kommerziellen “Cygnus”-Flüge zur Internationalen Raumstation ISS wie geplant durchgeführt werden können. Das Unternehmen erhält von der Luft- und Raumfahrtbehörde NASA für insgesamt acht Versorgungsmissionen 1,9 Milliarden Dollar. Zwei Missionen haben bereits stattgefunden, die dritte endete in der Katastrophe. Es war dies zugleich der erste Verlust eines privaten Frachtraumschiffes überhaupt.
Die Russen lehnen jede Verantwortung für den Absturz ab, weil die NK-33 ihrer Meinung nach von den Amerikanern ohne Rücksprache mit ihnen so entscheidend verändert worden sind, dass daraus ein nunmehr neues US-Triebwerk entstanden ist. Sie weisen zudem ausdrücklich darauf hin, dass ein neues Triebwerk praktisch auch eine neue Rakete erfordere, die erst getestet werden müsse und somit frühestens in zwei Jahren zur Verfügung stehe.
Die “Antares” hat derzeit in der ersten Stufe zwei AJ26-Triebwerke, die mit Kerosin und Flüssigsauerstoff betrieben werden. Die zweite Stufe arbeitet mit Festtreibstoff. Der Havarist war sechs Sekunden nach dem Start vom NASA-Regionalweltraumbahnhof Wallops Island (Virginia) per Funk gesprengt worden, damit er nicht auf bewohntes Gebiet fällt.
(c) Gerhard Kowalski