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Credit: G. Kowalski

Paris,  13. November 2014 — Die Sensation ist perfekt: Erstmals in der Geschichte ist ein von Menschenhand geschaffener Raumflugkörper auf einem Kometen gelandet. Das Signal zur Bestätigung der erfolgreichen Landung von Philae auf dem Kometen Tschurjumow-Gerassimenko ging um 17.03 Uhr MEZ auf der Erde ein, teilte die Europäische Weltraumorganisation ESA am Mittwoch in Paris mit. Das kühlschrankgroße Gerät war sieben Stunden zuvor nach zehnjähriger Odyssee durch den Weltraum von der Rosetta-Sonde abgetrennt worden.

Allerdings konnte sich Philae nicht wie geplant gleich auf dem Kometen verankern, sondern wurde offenbar wieder für einige Minuten in den Weltraum zurückgestoßen, um dann erneut zu landen, sagte der  Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Johann-DietrichWörner, am Donnerstag im ARD-Morgenmagazin. Derzeit wisse man nicht, wo genau diesmal die Landung erfolgte.

Die Europäische Weltraumorganisation ESA will am Mittag nähere Einzelheiten mitteilen, wenn die Rosetta-Sonde neue Daten zur Erde geschickt hat.

Unsere ehrgeizige Rosetta-Mission hat sich einen Platz in den Geschichtsbüchern gesichert: Nachdem sie zunächst als erste Sonde überhaupt einen Kometen angeflogen und umrundet hatte, hat sie nun in einer weiteren Premiere ein Landegerät auf der Oberfläche eines Kometen abgesetzt“, stellte ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain fest. „Mit Rosetta öffnen wir die Tür zum Ursprung des Planeten Erde und fördern ein besseres Verständnis unserer  Zukunft. Die ESA und ihre Partner bei der Rosetta-Mission haben heute Außergewöhnliches geleistet.“

„Nach einer mehr als zehnjährigen Reise durch den Weltraum können wir nun die bisher beste wissenschaftliche Analyse eines der ältesten Bestandteile unseres Sonnensystems vornehmen“, sagte der ESA-Direktor für Wissenschaft und robotische Exploration, Alvaro Giménez. „Der Weg zum heutigen Erfolg wurde in jahrzehntelanger Vorbereitung geebnet, um sicherzustellen, dass Rosetta in der Kometenwissenschaft und der Weltraumexploration auch künftig eine Pionierrolle spielt“,  betonte Stephan Ulamec, Philae-Projektleiter  beim DLR.

Rosetta war am 2. März 2004 gestartet worden und ist am 6. August 2014 nach einem Flug von 6,4 Milliarden Kilometern durch das Sonnensystem an ihrem Zielkometen angekommen. „Rosettas Reise war eine ständige betriebliche Herausforderung  und erforderte ein innovatives Konzept, Präzision und langjährige Erfahrung“, sagte der ESA-Direktor für bemannte Raumfahrt und Betrieb, Thomas Reiter. „Dieser Erfolg zeugt von der herausragenden Teamarbeit und dem einzigartigen Know-how beim Betrieb von Raumfahrzeugen, das die Europäische Weltraumorganisation in den  letzten 50 Jahren erworben hat.“

Das Landegerät wird in den nächsten zweieinhalb Tagen erste wissenschaftliche Beobachtungen vornehmen, vorausgesetzt die Hauptbatterie bleibt funktionsfähig. Anschließend könnte eine weitere wissenschaftliche Beobachtungsphase unter Nutzung der wieder aufladbaren Zweitbatterie erfolgen, wenn das Sonnenlicht ausreicht und die Solarpaneele nicht durch Staubablagerungen beeinträchtigt werden. Diese erweiterte Phase könnte bis März 2015 anhalten, bis sich die Temperatur im Landegerät für einen weiteren Einsatz zu stark aufgeheizt hat. An wissenschaftlichen Highlights der ersten Beobachtungsphase werden eine Panorama-Ansicht des Landeplatzes, Ausschnitte davon auch in 3D, hochauflösende Aufnahmen der Oberfläche unmittelbar unter dem Landegerät, eine In-situ-Analyse der chemischen Zusammensetzung der Kometenoberfläche sowie die Entnahme von Bohrkernen aus einer Tiefe von 23 Zentimetern und deren anschließende Analyse durch die Laborgeräte an Bord erwartet.

Philae wird auch die elektrischen und mechanischen Eigenschaften der Oberfläche messen und außerdem durch den Kometenkern hindurch Radiosignale mit niedriger Frequenz zum Rosetta-Orbiter senden, um den inneren Aufbau des Kometen zu erforschen. Die Messungen, die Philae von seinem Landeplatz aus im Detail vornehmen wird, werden die den gesamten Kometen erfassenden Fernerkundungsdaten des Rosetta-Orbiters ergänzen und kalibrieren.

„Rosetta versucht, Antworten auf die grundlegenden Fragen zur Geschichte unseres Sonnensystems zu geben: Welche Bedingungen lagen in seiner Entstehungszeit vor und wie entwickelte es sich weiter? Welche Rolle spielten Kometen für diese  Entwicklung? Wie verhalten sich Kometen?“, sagte Matt Taylor, der ESA-Projektwissenschaftler für Rosetta. „Die erfolgreiche Landung heute ist sicherlich das Sahnehäubchen auf unserem 4 Kilometer großen Kuchen, aber wir werden nicht hier verharren, sondern nach vorne zur nächsten Phase dieser bahnbrechenden Mission blicken, da wir dem Kometen auf seiner Bahn um die Sonne noch weitere 13 Monate lang folgen und die Veränderungen seiner Aktivität und auf seiner Oberfläche ins Visier nehmen  werden.“

(c) Gerhard Kowalski