Baikonur, 10. November 2014 — Nach 166 arbeitsreichen Tagen in der Internationalen Raumstation ISS ist Alexander Gerst wieder auf der Erde zurück. Das Raumschiff “Sojus TMA-13M” mit dem deutschen ESA-Astronauten, dem Russen Maxim Surajew und dem Amerikaner Reid Wiseman an Bord landete am Montagmorgen pünktlich um 4.58 Uhr deutscher Zeit nördlich von Arkalyk weich in der kasachischen Steppe. Das Trio hatte um 01.31 Uhr von der ISS abgelegt und den Heimreise aus gut 400 Kilometern Höhe angetreten. Bis zum 24. November setzen nun Jelena Serowa, Alexander Samokutjajew (beide Russland) und Barry Wilmore allein die Arbeit in der Station fort.
Vom Landeort wurden die Rückkehrer nach einem kurzen medizinischen Check per Hubschrauber in die Gebietshauptstadt Kustanai gebracht. Von dort flog Surajew direkt ins „Sternenstädtchen“ bei Moskau, während auf Wiseman und Gerst eine NASA-Maschine wartete. Auf dem Weg nach Houston (Texas) sollte dann Gerst bei einem Tankstopp in Schottland in ein Flugzeug nach Köln umsteigen. Bereits am Donnerstag will er hier im Europäischen Astronautenzentrum (EAC), wo er sich wieder an die irdische Schwerelosigkeit gewöhnen soll, eine Pressekonferenz geben.
Der Deutsche, der Russe und der Amerikaner waren am 28. Mai vom Kosmodrom Baikonur (Kasachstan) zur Station gestartet. In den zurückliegenden knapp sechs Monaten hat Gerst als Mitglied der 40. und 41. ISS-Stammbesatzung ein wissenschaftliches Programm von über 50 Experimenten erfüllt. Dabei stellten er und seine Kollegen mit 80 Wochenstunden Wissenschaft einen neuen Rekord auf. Bei den Experimenten, von denen 35 aus Europa und vor allem aus dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) kamen, ging es um neue Werkstoffe, Emulsionen und Plasmen sowie um humanphysiologische, physikalische, astronomische, technologische und andere Themen.
Außerdem war Gerst als Robotikspezialist für das Andocken des fünften und letzten europäischen Raumfrachters „Georges Lemaitre“ sowie der amerikanischen „Dragon“- und „Cygnus“-Versorgungskapseln zuständig.
Ein besonderes Highlight seiner Mission war sein mehr als sechsstündiger Außenbordeinsatz am 7. Oktober, bei dem er zusammen mit Wiseman wichtige Wartungsarbeiten an der ISS durchführte. Zudem installierte der Deutsche einen neuen, einzigartigen Hightech-Schmelzofen – den Elektromagnetischen Levitator (EML). Bei dem Kooperationsprojekt des DLR und der ESA schweben die Proben frei im Raum und werden durch ein elektromagnetisches Feld in Position gehalten. Mit dem Ofen wollen Wissenschaftler unter anderem des DLR-Instituts für Materialphysik im Weltraum, deutscher Universitäten, des Forschungsinstituts ACCESS in Aachen und der Metallindustrie neuartige Legierungen testen, die einmal im Flugzeug- und Automobilbau eine große Rolle spielen könnten.
Darüber hinaus faszinierte Gerst Menschen auf der ganzen Welt mit seinen persönlichen Eindrücken, Fotos und Videos aus dem All, die er regelmäßig in den sozialen Medien veröffentlichte.
Gerst ist nach Thomas Reiter (2006) und Hans Schlegel (2008) der dritte Deutsche in der ISS. Seine Mission stand unter dem Motto “Blue Dot” (“Der blaue Punkt”). Es symbolisierte das Bild der Erde aus dem fernen Weltraum und sollte zeigen, dass die Raumfahrt dem Wohl und Schutz unseres Planeten dient.
Der 38 Jahre alte promovierte Geophysiker und Vulkanologe, der mit einem ESA-Ticket unterwegs war, ist der nunmehr elfte Deutsche im All, der nach Thomas Reiter zweite deutsche Langzeitflieger und der sechste Deutsche, der mit einem russischen “Sojus”-Raumschiff aufgestiegen ist.
(c) Gerhard Kowalski