Toronto, 1. Oktober 2014 — Bei der von den USA gewünschten Verlängerung der Nutzungsdauer der Internationalen Raumstation ISS über das Jahr 2020 hinaus gibt es weiter keine Einigung. Die Partneragenturen ESA (Europa), CSA (Kanada) und JAXA (Japan) wollten auf dem gegenwärtig in Toronto tagenden 65. Astronautischen Kongress (IAC) (29. 9. – 3. 10.) noch keine Entscheidung treffen. Der Vertreter von Roskosmos, Staatssekretär Denis Lyskow, konnte wegen eines Visaproblems nicht anreisen.
ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain betonte, seine Agentur müsse auf der Ministerratstagung Anfang Dezember erst einmal die Finanzierung ihres ISS-Beitrages bis 2020 sichern. JAXA-Chef Naoki Okumura sagte, sein Land werde sich erst auf dem nächsten ISS-Treffen 2015 in Japan entscheiden. Grundvoraussetzung sei, dass die Kosten für das japanische KIBO-Modul signifikant gesenkt werden. CSA-Präsident Walter Natynczyk erklärte, sein Land strebe die Maximierung des Nutzens aus der Station an. Erst wenn das gegeben sei, werde man sich definitiv festlegen.
NASA-Chef Charles Bolden nahm zwar an dem Treffen teil, äußerte sich aber nicht zu den Statements der Partner. Die US-Regierung hatte im Januar entschieden, den Betrieb der ISS bis mindestens 2024 zu verlängern. Technisch möglich sei das aber auch bis 2028. Dann wäre das erste ISS-Modul, der russische Frachtblock „Sarja“, 30 Jahre auf der Umlaufbahn.
Angesichts der US-Sanktionen wegen der Ukraine-Krise hatte Russland im Frühjahr angekündigt, 2020 aus dem ISS-Projekt aussteigen zu wollen. Inzwischen werden aber auch bei Roskosmos Stimmen laut, die für eine Verlängerung sind. Experten machen dafür geltend, dass Russland erst 2017/18 seine letzten Module zur Station schicken kann. Im neuen Raumfahrtprogramm bis 2025, das demnächst der Moskauer Regierung zur Bestätigung vorgelegt werden soll, sind dafür auch Mittel eingestellt.
Viele hochrangige russische Vertreter konnten nicht nach Toronto reisen, weil sie ihre Visa nicht rechtzeitig bekommen haben. Zu ihnen gehört auch Sergej Krikaljow. Der Langzeitflugweltrekordler, der als Erster Stellvertreter des Direktors des Wissenschaftlichen Forschungsinstituts des Maschinenbaus (ZNIImasch) auch Chefstratege für die bemannte russische Raumfahrt ist, sieht dahinter aber keine politische Absicht. Offenbar habe es „Verzögerungen“ bei der Bearbeitung der Anträge gegeben, sagte er.
(c) Gerhard Kowalski