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Moskau, 18. September 2014 — Der russische Wissenschaftler Andrej Ionin bezweifelt, dass die USA wie geplant bereits 2017 wieder ihre bemannten Raumflüge aufnehmen können. Die neuen Raumschiffe, an denen die Unternehmen Boeing und SpaceX derzeit arbeiten, seien frühestens 2018-20 einsatzbereit, sagte das Korrespondierende Mitglied der Russischen „Ziolkowski“-Raumfahrtakademie der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Auch dieser Termin sei zudem nur zu halten, wenn alles „normal und ohne Havarien“ verlaufe.
Das Hauptkriterium bei der Auswahl der technischen Lösungen in der bemannten Raumfahrt sei die Gewährleistung des Überlebens der Besatzung in Notfallsituationen, sagte Ionin zur Begründung seiner These. Die Aufgabe der neuen US-Trägerraketen wie Falcon-9 oder des Transportraumschiffs „Dragon“ sei jedoch eine andere, nämlich für wenig Geld große Lasten zu befördern. Und das seien ein völlig anderes Kriterium und andere technische Lösungen, fügte er hinzu. Die USA könnten nicht so leicht von einem „Dragon“-Frachtraumschiff zu einer bemannten Version übergehen.
Ionin verwies darauf, dass die damalige Sowjetunion bei der Entwicklung der bemannten „Sojus“-Kapseln und der „Progress“-Frachter genau den umgekehrten Weg beschritten habe. Zuerst sei das wegen seiner Zuverlässigkeit legendäre bemannte „Sojus“-Raumschiff und dann erst auf seiner Grundlage der „Progress“-Frachter geschaffen worden. Der Übergang vom „Dragon“-Frachter zu  einem bemannten Raumschiff, das den Besatzungen einen garantiert sicheren Flug ermöglicht, sei eine „äußerst schwierige Aufgabe“, die bedeutend mehr Zeit erfordere. Zudem erwüchsen zusätzliche Anforderungen an die Trägerrakete und an das Rettungssystem für die Besatzung.
Die US-Luft- und Raumfahrtbehörde NASA hatte am Dienstag mitgeteilt, dass Boeing und SpaceX den Zuschlag für den Bau von bemannten Raumschiffen für Flüge zur Internationalen Raumstation ISS erhalten haben. Die NASA stellt dafür 6,8 Milliarden Dollar zur Verfügung. Das Raumschiff, dessen Premiere 2017 geplant ist, soll auch als „Rettungsboot“ dienen und dafür 210 Tage lang an der ISS angekoppelt bleiben können.

Nach 30 Jahren und 135 Flügen hatten die USA 2011 ihr Shuttle-Programm aus wirtschaftlichen und Sicherheitsgründen eingestellt. Seither sind sie bei Flügen zur ISS auf die guten Dienste der Russen angewiesen. Für jeden Platz in den russischen „Sojus“-Raumschiffen, die viermal pro Jahr starten, bezahlt die NASA rund 71 Millionen Dollar
(c) Gerhard Kowalski