Berlin/Cape Canaveral, 22. Februar 2010 — Mit einer spektakulären Nachtlandung ist die US-Raumfähre „Endeavour“ von ihrer höchst erfolgreichen 14-Tage-Mission zur Internationalen Raumstation ISS sicher auf die Erde zurückgekehrt. Der Shuttle setzte am Montagmorgen um 4.21 Uhr deutscher Zeit (Sonntagabend 22.21 Uhr Ortszeit) butterweich auf der taghell erleuchteten fünf Kilometer langen Betonpiste des Weltraumbahnhofs Cape Canaveral (Florida) auf. „Es ist großartig, zu Hause zu sein», sagte Kommandant George Zamka. «Es war ein großes Abenteuer.»
Ihm und seiner Crew war die Ehre zuteil geworden, die letzten beiden Bausteine für das amerikanische ISS-Segment auf die <Umlaufbahn zu bringen. Mit dem in Europa gebauten Verbindungsknoten „Tranquility“ (Node 3) und der Beobachtungsplattform „Cupola“ ist es jetzt komplett. Damit steht auch die Station selbst kurz vor der Vollendung: Beim Volumen fehlen nur noch zwei Prozent und bei der Masse, die auf über 400 Tonnen veranschlagt ist, zehn Prozent, wie die Luft- und Raumfahrtbehörde NASA in Houston (Texas) mitteilte. Dahinter verbergen sich die drei noch ausstehenden kleineren russischen Module. Das erste fliegt aber schon im Mai in der Ladebucht der „Atlantis“ zur ISS, die anderen folgen dann in den nächsten Jahren.
Die berechtigte Freude über das glückliche Ende der anspruchsvollen Mission kann indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass auf dem Weltraumbahnhof, an der Space Coast und am Cape überhaupt gedrückte Stimmung herrscht. Denn für die drei verbliebenen Shuttles läuft unerbittlich der finale Countdown. Sie werden bis September nur noch ganze viermal aufsteigen, dann ist endgültig Schluß. Die Raumfähren, die seit 1981 Dienst tun, sind inzwischen technisch und moralisch verschlisssen und viel zu teuer im Unterhalt.
Mit der Einstellung des Programms verlieren tausende Menschen bei der NASA und in der Zulieferindustrie ihren Job. Besonders hart trifft es jene Teams, die Ende Oktober vergangenen Jahres erst die neue Trägerrakete „Ares 1“ getestet haben, mit der die Amerikaner eine „neue Ära der Raumfahrt“ einleiten wollten. Sie ist samt dem Shuttle-Nachfolger „Orion“ und der Mondlandefähre „Altair“ dem Rotstift zum Opfer gefallen. Einer ungewissen Zukunft geht auch die Tourismusindustrie im Einzugsgebiet des Kennedy Space Center (KSC) entgegen. Denn ohne die spektakulären Starts der Raumfähren, die immer wieder unzählige Besucher anlocken, verliert die US-Raumfahrt einen Großteil ihrer Faszination.
NASA-Chef Charles Bolden bemüht sich sehr, seinen Leuten Mut zu machen und zu helfen. Mit großem persönlichem Einsatz wirbt er um kommerzielle Nachnutzer für die bald brachliegenden Hallen und Einrichtungen des Weltraumbahnhofs. Ob ihm das gelingt, wird die Zeit zeigen.
Ein erster kleiner Hoffnungsschimmer ist indes am Horizont aufgetaucht: Auf dem militärischen Teil des Weltraumbahnhofs wird gerade die kommerzielle Trägerrakete „Falcon 9“ der Space Exploration Technologies Corporation (SpaceX) aus Hawthorne (Kalifornien) auf ihren ersten Teststart vorbereitet, der möglicherweise schon Anfang März stattfindet. Die NASA setzt große Hoffnungen in diesen neuen Träger, der vielleicht schon in drei oder vier Jahren knapp 10,5 Tonnen Fracht zur ISS bringt und später auch bemannt fliegen soll.
Inzwischen ist der Start der nächsten Raumfähre „Discovery“ von Mitte März auf den 5. April verlegt worden. Als Grund nennt die NASA das kalte Wetter der vergangenen Wochen. Bleibt zu hoffen, dass damit nicht noch das restliche Shuttle-Programm ins Wanken gerät.
(Material für ddp)