Berlin, 21. Mai 2014 – Der jüngste Absturz der „Proton-M“-Trägerrakete mit dem Kommunikationssatelliten „Express-AM4R“ hat unmittelbaren Einfluss auf die Arbeit der erst im März gegründeten Vereinigten Raketen- und Raumfahrtkorporation (ORKK) Russlands. Zum einen werde dadurch die Herausbildung der Korporation beschleunigt, und zum anderen schalte diese sich selbst schon in die Lösung der Probleme ein, die diese Havarie verursacht haben, sagte ORKK-Generaldirektor Igor Komarow (Foto re.) auf der ILA 2014 in Berlin.
Die Korporation vereint künftig alle russischen Raketen- und Raumfahrtunternehmen, um die Branche für den Weltmarkt wettbewerbsfähig zu machen. Sie wurde deshalb von Präsident Wladimir Putin zu einem strategischen Unternehmen erklärt. In Berlin hat die ORKK ihren ersten großen internationalen Auftritt.
Komarow betonte, der „Proton“-Hersteller „Chrunitschew“ befinde sich derzeit in einer „Systemkrise“, die jetzt im Konzern selbst und im Rahmen der ORKK überwunden werden müsse. Der für die Raumfahrt zuständige Vizepremier Dmitri Rogosin hatte bereits kurz nach der Havarie betont, mit der streng auf Effektivität und Qualität ausgerichteten Korporation würden die Ursachen für solche Vorkommnisse künftig ausgeschlossen.
Inzwischen hat der Chef der Raumfahrtagentur Roskosmos, Oleg Ostapenko, mitgeteilt, dass ein Fehler am Steuertriebwerk der dritten Stufe wahrscheinlich der Hauptgrund für den Absturz am vergangenen Freitag war. In einer Rohrleitung des Triebwerks sei es unerwartet zu einem starken Druckabfall gekommen. Möglicherweise sei eine Schweißnaht geplatzt. Die Untersuchungen dauerten an.
Ostapenko kündigte ferner baldige Personalveränderungen an. Diese stünden aber nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Havarie, sondern erfolgten im Rahmen der geplanten Systemveränderungen in der Branche und würden somit gemeinsam mit Komarow getroffen.
„Das Gute kann man nur mit Qualitätsarbeit reanimieren“, betonte Ostapenko, der wegen des Absturzes nicht zur ILA nach Berlin kommen konnte und deshalb seinen Stellvertreter, Staatssekretär Denis Lyskow, geschickt hat. Deshalb werde organisatorisch und technisch alles getan, um ähnliche Havarien in Zukunft zu vermeiden.
Ostapenko deutete auch an, dass der Ersatz für „Express-AM4R“ nicht wieder beim Astrium-Nachfolger Airbus Group gebaut werde, sondern vom einheimischen „Reschetnjow“-Konzern. Das weltbekannte Unternehmen hat in den vergangenen 50 Jahren über 1.200 Kommunikationssatelliten, darunter auch die GLONASS-Satelliten des gleichnamigen russischen Weltraumnavigationssystems, sowie mehr als 40 Weltraumsysteme und –komplexe entwickelt und hergestellt.
© Gerhard Kowalski