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Credit: NASA

Berlin/Moskau/Koroljow, 14. Mai 2014– Vor dem Hintergrund massiver Reaktionen der Russen auf die US-Sanktionen wegen der Ukraine-Krise sind drei Astronauten in der Nacht zum Mittwoch nach 188 Tagen im All sicher von der Internationalen Raumstation ISS zur Erde zurückgekehrt. Das Raumschiff „Sojus TMA-11M“ mit dem Russen Michail Tjurin, dem Amerikaner Rick Mastracchio und dem Japaner Koichi Wakata an Bord landete planmäßig um 3.58 Uhr deutscher Zeit (5.58 Uhr Moskauer Zeit) rund 147 Kilometer südöstlich der kasachischen Kupferstadt  Dsheskasgan, wie das Flugleitzentrum (ZUP) in Koroljow bei Moskau mitteilte.

Bis zur Ankunft der Folgebesatzung am 28. Mai, zu der auch der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst gehört, setzen Steven Swanson (USA), Alexander Skworzow und Oleg Artemjew (beide Russland) die Arbeit allein als 40. ISS-Stammbesatzung fort.

Tjurin, der als Erster knapp eine halbe Stunde nach dem Aufsetzen aus der aufrecht stehenden rußgeschwärzten Kapsel geborgen wurde, nannte die Landung „wunderbar“ und fügte hinzu: „Alles war perfekt!“ In ihren Klappsesseln sitzend, genossen er, Mastracchio und Wakata die Morgensonne, bevor sie zu einer ersten ärztlichen Untersuchung in ein Medizinzelt getragen wurden.

Für Tjurin war das die dritte Weltraummission, für Mastracchio und Wakata sogar die vierte. Wakata war zudem als erster Japaner Kommandant der 39. Stammbesatzung. Der Russe liegt nunmehr mit 532 All-Tagen an 13. Stelle der Weltrangliste der Langzeitflieger, die nach wie vor mit 803 Tagen von seinem Landsmann Sergej Krikaljow angeführt wird. Wakata ist jetzt mit 348 Tagen unangefochtener Rekordhalter der Japaner, und Mastracchio verbessert sich auf beachtliche 228 Tage.

Das Trio hatte am 7. November 2013 unter anderem eine stilisierte Fackel der Olympischen Winterspiele von Sotschi auf die Umlaufbahn gebracht, die dann zu Reklamezwecken auch bei einem Außenbordeinsatz mit in den freien Weltraum genommen wurde. Tjurin führte während seiner Mission 50 wissenschaftliche Experimente durch, von denen allerdings nur zwei – Biopolimer und Otklik – neu waren.

Im Gegensatz zur Mittwoch-Landung ist das russisch-amerikanische Verhältnis derzeit jedoch alles andere als perfekt. Am Dienstag hatte Vizepremier Dmitri Rogosin in scharfer Form auf die Sanktionen reagiert, die von den USA Anfang April gegen sein Land verhängt worden waren. Die Amerikaner hatten die Raumfahrtzusammenarbeit mit den Russen auf Eis gelegt. Die einzige Ausnahme bildete dabei die ISS-Kooperation, weil hier die USA nach der Einstellung der Shuttle-Flüge auf die Russen angewiesen sind.

Rogosin, der als Verantwortlicher für das Militär und die Raumfahrt auch als Einzelperson auf der EU-Sanktionsliste steht, drohte mit dem Abbruch der Zusammenarbeit bei der ISS nach 2020, mit einer Blockade der Lieferung von russischen Triebwerken für die Atlas V-Raketen, mit denen das US-Militär seine Satelliten startet, und mit der Schließung der GPS-Bodenstationen in Russland.

Russland habe die USA stets gewarnt, dass solche Sanktionen ein „Bumerang“ seien, sagte der Vizepremier. „Sie kommen immer wieder zurück und sind in solchen sensiblen Bereichen wie der Zusammenarbeit in der Raumfahrt, bei der Produktion von Triebwerken und in der Navigation – ganz zu schweigen von den bemannten Raumflügen – schlicht ungeeignet.“ Sein Land habe keine Pläne für die Fortsetzung der ISS-Zusammenarbeit mit den USA nach 2020.

Ob die russische Haltung jetzt unmittelbare Auswirkungen auf die Mitnahme von US-Astronauten zur ISS hat, wird bislang nicht gesagt, scheint aber nicht der Fall zu sein. Im neuen Raumfahrtprogramm Moskaus bis zum Jahr 2020, das am Dienstag von der Weltraumagentur Roskomos veröffentlicht wurde, steht geschrieben, man werde die internationalen Verpflichtungen „bedingungslos“ erfüllen.

© Gerhard Kowalski