Simferopol, 30. April 2014 – Nach den US-Sanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise hat der Kreml erstmals mögliche Konsequenzen für das ISS-Programm angedroht. Die USA hätten zwar die Internationale Raumstation aus dem Anfang April verhängten Kooperationsverbot herausgenommen, sagte Vizepremier Dmitri Rogosin bei einem Besuch in Simferopol auf der Krim. Wenn die Amerikaner jetzt aber „einen Schlag gegen das ökonomische Potenzial des russischen Raketenbaus führen wollen, müssen sie ihre Astronauten mit einem Trampolin zur ISS bringen“, fügte er nach Angaben der Nachrichtenagentur ITAR-TASS hinzu.
Man habe die amerikanischen „Freunde“ rechtzeitig gewarnt, dass Russland nicht mit Worten, sondern Taten auf die Sanktionen antworten werde. Rogosin spielte damit auf die Tatsache an, dass die Amerikaner bei den Flügen ihrer Astronauten zur ISS auf die guten Dienste der Russen angewiesen sind.
Zuvor hatte der Politiker, der in der Regierung für das Militär und die Raumfahrt zuständig ist, betont, sein Land solle durch die Sanktionen vom Markt für kosmische Dienstleistungen „gefegt“ werden. Die USA wollten generell die Fähigkeit der russischen Unternehmen infrage stellen, Trägerraketen zu bauen und Satelliten anderer Staaten ins All zu befördern.
In Wahrheit aber zielten die Sanktionen in erster Linie auf die europäische Konkurrenz ab. „Sie töten Europa“, sagte der Vizepremier. Er verwies dabei darauf, dass die Europäische Union (EU) und die Europäische Weltraumorganisation ESA Satelliten mit US-Elementen bauen, die jetzt niemandem mehr nutzen, weil ihnen ein Ausfuhrverbot drohe. Insofern riskiere Europa, sein ökonomisches Potenzial und sein Renommee zu verlieren, wenn es der amerikanischen Linie folge.
Die US-Regierung hatte beschlossen, alle Kontakte seiner Luft- und Raumfahrtbehörde NASA zu Vertretern der Regierung Russlands bis auf weiteres einzustellen. Als Grund wurde die anhaltende Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine genannt.
Das Verbot gilt für Reisen von NASA-Vertretern nach Russland und für Besuche von russischen Regierungsvertretern bei der NASA sowie für bilaterale Treffen, den Email-Verkehr und Tele- oder Videokonferenzen. Die einzige Ausnahme ist derzeit die operative Zusammenarbeit in der ISS.
© Gerhard Kowalski