Berlin, 9. April 2014—Deutschland hält an der Zusammenarbeit mit Russland auf dem Gebiet der Raumfahrt fest. Auf die Frage, ob es in der Bundesregierung Überlegungen gebe, nach dem Vorbild der USA die Kontakte einzustellen, sagte die Koordinatorin für die Luft- und Raumfahrt, Staatssekretärin Brigitte Zypries (SPD), am Mittwoch in Berlin: „Nein!“ Auf Weisung von Präsident Barack Obama hatte die US-Luft- und Raumfahrtbehörde NASA wegen der Ukraine-Krise in der vergangenen Woche die Raumfahrtkontakte mit den Russen mit Ausnahme der Zusammenarbeit in der Internationalen Raumstation ISS auf Eis gelegt.
Der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst, der Ende Mai mit einem russischen und einem US-Astronauten zur ISS starten soll, zeigte sich auf der Pressekonferenz überzeugt, dass der Flug trotz der wachsenden internationalen Spannungen stattfinden werde. Selbst zu den Hoch-Zeiten des Kalten Krieges habe diese Zusammenarbeit funktioniert, wie das Sojus-Apollo-Test-Projekt (SATP) von 1975 zeige, sagte er. „Ich denke, beide Seiten wissen, dass man viel zu verlieren hat.“ Die ISS sei ein großartiges Labor und eine einzigartige Forschungsmöglichkeit. Insofern habe sich die Raumfahrt auch in der Vergangenheit schon als „stabilisierender Faktor“ herausgestellt.
Der Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Johann –Dietrich Wörner, teilte mit, dass ihm der Leiter der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos, Oleg Ostapenko, erst am Wochenende versichert habe, sein Land wolle die Zusammenarbeit sowohl mit den Amerikanern als auch mit den Europäern fortsetzen.
Gerst startet am 28. Mai zusammen mit Maxim Surajew (Russland) und Greg Wiseman (USA) mit dem russischen Raumschiff „Sojus TMA-13M“ von Baikonur in Kasachstan zur Station. Während der Halbjahres-Mission unter dem Motto „Blue Dot“ („Blauer Punkt“) führt das Trio 162 wissenschaftliche Experimente durch, darunter 40 mit deutscher Beteiligung. Dabei kommt auch ein neuer europäischer Schmelzofen zum Einsatz, mit dem Legierungen gewonnen werden können, die künftig unter anderem im Automobil- und Flugzeugbau eine große Rolle spielen werden. Auch zwei oder drei Ausstiege in den freien Raum seien zumindest geplant. Ob es dazu kommen werde, hänge von den US-Raumanzügen ab. Bei einem davon hatte es im vergangenen Jahr einen plötzlichen Wassereinbruch gegeben, dessen Ursachen noch behoben werden müssen.
Gerst fliegt mit einem Ticket der Europäischen Weltraumorganisation ESA zur ISS. Er ist der elfte Deutsche im All und absolviert dabei nach Thomas Reiter als zweiter Deutscher eine Langzeitmission.
© Gerhard Kowalski