Morgenröthe-Rautenkranz, 10. Juni 2013 – Die vogtländische Raumfahrtgemeinde Morgenröthe-Rautenkranz hat am Wochenende Walentina Tereschkowa und Sigmund Jähn gefeiert. Anlass waren der 50. Jahrestag des Fluges der Russin mit „Wostok 6“ als erste Frau ins All (16. – 19. Juni 1963) und der bevorstehende 35. Jahrestag des Fluges von Jähn mit seinem russischen Kommandanten Waleri Bykowski zur Raumstation „Salut 6“ (26. 8. – 3. 9. 1978).
Zu der Veranstaltung in der Deutschen Raumfahrtausstellung e. V. hatten sich zur großen Freude des Vereinsvorsitzenden Konrad Stahl illustre Gäste eingefunden, darunter der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Prof. Johann-Dietrich Wörner, der Direktor Bemannte Raumfahrt und Missionsbetrieb der Europäischen Weltraumorganisation ESA, Thomes Reiter, der russische Kosmonaut Anton Schkaplerow und natürlich auch Sigmund Jähn als großer Sohn der Gemeinde. Sie alle würdigten die beispielhaften Leistungen der Jubilare und ermunterten die junge Generation, sich in deren Sinne verstärkt mit der Raumfahrt zu befassen.
Prof. Wörner sprach in seiner gewohnt humorvollen Art zudem ein ernstes Problem an – den Versuch der EU, gewissermaßen eine zweite ESA zu schaffen. Der DLR-Chef forderte die Politik auf, für eine klare Aufgabentrennung zu sorgen. Er hob damit quasi seine nationale These „Mehr DLR wagen“ auf die europäische Ebene. Vor rund 80 Raumfahrtenthusiasten – viele angemeldete Besucher mussten ihre Teilnahme wegen des Hochwassers absagen – erklärte er zudem die menschliche Neugier zu einer bestimmenden Kategorie bei der Aneignung des Wissens für morgen und für die Gestaltung einer zukunftsfähigen deutschen Raumfahrt im Verbund mit der ESA.
Thomas Reiter skizzierte in seinem Vortrag die europäischen Perspektiven bei der Raumfahrt-Forschung. Er bedauerte einmal mehr, dass sich Europa bisher nicht dazu durchringen konnte, den eigenen bemannten Zugang zum All in Angriff zu nehmen. Mit dem geplanten europäischen Servicemodul (SM) für das künftige bemannte „Orion“-Raumschiff der USA habe Europa allerdings einen Fuß in der Tür zur maßgeblichen Teilnahme an Missionen der NASA zum Mond oder sogar zum Mars.
Sigmund Jähn widmete sich speziell dem bemannten Interkosmos-Programm der sozialistischen Länder, das auch ihm den Weg als erstem Deutschen ins All ebnete. Zudem plauderte er aus dem Nähkästchen als NVA-Flugzeugführer. So zeigte er Reste einer angekohlten Landkarte, die er aus den Trümmern seiner MiG retten konnte, aus der er sich 1960 wegen eines Triebwerkschadens katapultieren musste. Der Ausschnitt zeigt ausgerechnet die Gegend um die Stadt Glücksburg an der Flensburger Förde. Er habe damals aber nicht die Absicht gehabt, die Grenze zur Bundesrepublik zu überfliegen, versicherte der Kosmonaut schmunzelnd. Vielleicht habe ihm jedoch die Stadt Glück gebracht.
Anton Schkaplerow der zwischen November 2011 und April 2012 in der Internationalen Raumstation ISS gearbeitet hat, wartete mit höchst interessanten Details über rund ein Dutzend medizinischer und biologischer Experimente im russischen Segment auf. Ein Teil der Forschungen sei schon darauf ausgerichtet, den menschlichen Organismus auf künftige sehr lange Flüge etwa zum Mars vorzubereiten. Schkaplerow, dessen Großvater Anton in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges in Berlin gefallen ist, wusste auch eine Antwort auf die Frage, warum nach Walentina Tereschkowa nur noch zwei Russinnen, aber viele Amerikanerinnen in den Weltraum geflogen sind: „Es gibt zu wenige Frauen bei uns, die sich für den Kosmonauten-Beruf bewerben.“
Dass Frauen in der deutschen Raumfahrt zunehmend eine Rolle spielen, belegten Vorträge junger Wissenschaftlerinnen aus dem DLR und von der OHB System AG in Bremen zu Radarsatelliten, Raketentriebwerken und zum Weltraumschrott.