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Credit: Archiv Kowalski

Berlin/Moskau, 9. April 2013 — Der Ruf Juri Gagarins ist im neuen Russland nicht mehr das, was er zu  Sowjetzeiten einmal war. Der Name des ersten Kosmonauten der  Welt und sein Ruhm verblassen immer mehr.

Gewiss, seine Denkmäler wurden nicht wie die so manch anderen Helden  nach dem Zerfall der UdSSR geschleift.  Zum 50. Jahrestag des historischen Fluges vom 12. April 1961  kamen sogar noch einige hinzu.  Doch nicht erst seit diesem großen Jubiläum vor zwei Jahren ist eine  neue Nüchternheit eingezogen.

„Soziologische Umfragen besagen, dass 81 Prozent der Bürger der Russischen Föderation nicht einen einzigen der heute aktiven  Kosmonauten namentlich kennen und sich auch nur mit Mühe an einige  Namen der einstigen ´Gagarinschen Garde´ erinnern können“, sagte der  Sprecher des Instituts für Kosmosforschung (IKI), Juri Saizew, der  Nachrichtenagentur dapd in Moskau. Auch die  Hochschulen schlügen Alarm, weil die Studenten „elementare Wissenslücken“ hätten. Sie  wüssten zwar das Datum der Schlacht von Kulikowo gegen die Mongolen  (1380) unter Großfürst  Dmitri Donskoi, kennen sich aber in der  jüngsten Geschichte ihres Landes überhaupt nicht aus, fügte Saizew  hinzu.

Im Russland des 20. Jahrhunderts habe es zwei große Themen gegeben: Der  Sieg im Zweiten Weltkrieg und Gagarin, betonte der Sprecher. „In den  1960er Jahren träumte jeder zweite Schüler davon, Kosmonaut zu werden,  heute will jeder erste Oligarch werden.“  Hinzu komme, dass Russland in der Weltraumforschung immer weiter zurückfalle, sagte Saizew. Die Ursache dafür sei allerdings nicht  hauptsächlich in der Technik,  „sondern in den Defekten der Gesellschaftsordnung, im Bewusstsein“, zu suchen. Wann es hier zu  irgendwelchen Veränderungen zum Positiven kommt, könne niemand voraussagen.

Auch der Chef des Kosmonautenausbildungszentrums „Juri Gagarin“ im  „Sternenstädtchen“ bei Moskau, Sergej Krikaljow, beklagt das geringe  Interesse der heutigen Generation an der Raumfahrt und am  Kosmonautenberuf. Bei der jüngsten ersten offenen Ausschreibung hätten  sich lediglich 304 Bewerber gemeldet, von denen acht
probeweise ins Kosmonautenkorps aufgenommen wurden.

Als einen der Gründe für das lamentable Prestige der einstigen  Vorzeigebranche, die serienweise Helden produzierte, nannte der  Sechsfach-Flieger die niedrigen Löhne. In der Tat verdienen russische  Kosmonauten umgerechnet nur rund 1.500 Euro im Monat. Wer also Geld  machen wolle, dürfe nicht in die Raumfahrt gehen, sagte Krikaljow  resigniert.

(für dapd)