Köln, 30. August 2012 — Der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Johann-Dietrich Wörner, plädiert für die Weiterentwicklung der europäischen Trägerrakete Ariane 5. Zugleich sprach er sich in einem Interview der Nachrichtenagentur dapd in Köln dafür aus, den eventuellen Nachfolger Ariane 6 „genauer zu planen“. Das gewährleiste „den effektiven Einsatz der zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel unter Berücksichtigung der national existierenden technologischen und industriellen Kompetenzen“, sagte Wörner im Vorfeld der ESA-Ministertagung, auf der Ende November im italienischen Caserta die Weichen für die europäische Raumfahrtpolitik der nächsten Jahre gestellt werden.
„Die Kosten für die Entwicklung der leistungsstärkeren Ariane 5ME inklusive der Unterstützung des laufenden Betriebes der aktuellen Ariane 5 für fünf Jahre belaufen sich auf zwei Milliarden Euro“, rechnete der DLR-Chef vor. Für die Ariane 6 müssten dagegen unter den gleichen Rahmenbedingungen für einen Zeitraum von zehn Jahren 5,7 Milliarden Euro aufgebracht werden. „Außerdem heißt das, die Ariane 5ME wäre nach fünf Jahren mit einer wieder zündbaren Oberstufe für den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre zur Vermeidung von zusätzlichem Weltraummüll verfügbar, die Ariane 6 erst nach zehn Jahren.“
Gegenwärtig gebe es für die Ariane 5ME „ein klares Konzept, für die Ariane 6 bisher nur erste Überlegungen“, betonte Wörner. Lege man nun beides zusammen und nutze die Synergien für die Neuentwicklung einer Ariane 6, „wird der ganze Vorgang kostengünstiger, schneller und sicher“.
Mit seinen Vorschlägen und der transparenten Herangehensweise an die zu erwartenden komplizierten Verhandlungen auf der ESA-Ministertagung wolle er schon im Vorfeld „eine Atmosphäre des Miteinander“ schaffen, sagte der Vorstandsvorsitzende. „Unser Ziel in Europa muss es sein, europäische Lösungen zu finden. Und das trifft auf alle Punkte zu, die es in Caserta zu beraten gilt.“ Jede Nation habe natürlich ihre eigene Vorgehensweise. „Wir legen unsere Ideen auch deshalb schon frühzeitig auf den Tisch, um die Diskussion gemeinsam auf europäischer Ebene zu einem guten Schluss zu führen.“
Europa sei mit der Raumfahrt über vier Jahrzehnte hinweg das gelungen, „was kein europäischer Staat allein hätte schaffen können“, resümierte Wörner. Deutschland sei weltweit die sechstgrößte Raumfahrtnation – hinter den USA, Russland, China, Japan und Frankreich. „Bei uns arbeiten rund 4.500 Menschen in den Weltraumwissenschaften, 7.700 in der Raumfahrtindustrie.“ Damit sei die Raumfahrt „eine kleine, aber hochqualifizierte Branche, die Schlüsseltechnologien für die Wertschöpfung auf vielen attraktiven Märkten liefert“. Und natürlich spielten „bei allen Gesprächen auch die Erhaltung und Entwicklung deutscher Kompetenzen in der Raumfahrt eine entscheidende Rolle“.
(für dapd)