Moskau, 20. Juli 2012 — Russland liebäugelt heftig mit dem Bau einer eigenen Raumstation. In letzter Zeit häufen sich im Zusammenhang mit der Diskussion über eine neue Raumfahrtstrategie die Aussagen führender Branchenvertreter, die darauf hindeuten. Eine Entscheidung in dieser Frage könnte zum Jahresende fallen. Dann sollen die „Grundlagen“ für die künftige Raumfahrtpolitik veröffentlicht werden. Zugleich weist Moskau darauf hin, dass es seine Verpflichtungen bei der Internationalen Raumstation ISS strikt einhalten werde.
Der Chef der Raumfahrtagentur Roskosmos, Wladimir Popowkin, hat Anfang der Woche angekündigt, sein Land arbeite an neuen Modulen für die ISS, die erforderlichenfalls aber auch als „Basis für eine neue bemannte Station“ dienen könnten. Zugleich spiele man Varianten für die Nutzung der ISS nach 2020 durch.
Energetisches Modul NEM
Derzeit werde ein „wissenschaftlich-energetisches Modul“ (NEM) mit einer „ganzen Reihe Systeme“ für den autonomen Betrieb als Basisblock einer solchen neuen Station gebaut, sagte Popowkin. Für den Fall, dass man ein solches Modul auf der ISS-Flughöhe von rund 400 Kilometern nicht brauche, könne es mit mit einem entsprechenden Strahlenschutz versehen und mit einem Bugsierer auf eine höhere Umlaufbahn gebracht werden. Das Modul werde so ausgestattet, dass es in verschiedenen Varianten genutzt werden könne. Der Roskosmos-Chef betonte aber ausdrücklich, dass die Zeit noch nicht reif sei für die Entscheidung, ob man eine neue russische Raumstation bauen oder die ISS über 2020 hinaus weiter nutzen werde.
„Sojus“-Nachfolger für Langzeit- und Mondflüge
Inzwischen zeichnen sich auch die Konturen des neuen bemannten Raumschiffes immer schärfer ab, das die bewährten „Sojus“-Kapseln ablösen soll. Es soll sechs Kosmonauten Platz bieten und ab 2018 unbemannt getestet werden. Damit scheint die bisherige Planung vom Tisch zu sein, den „Sojus“-Nachfolger schon 2015 erstmals vom neuen Kosmodrom „Wostotschny“ im Amur-Gebiet zu starten.
Auch von dem neuen Raumschiff werde es verschiedene Varianten geben, kündigte Popowkin an. So könne es sowohl für lange autonome Flüge als auch für Mond-Missionen eingesetzt werden. Möglich seien auch Flüge zu einer Station zwischen Erde und Mond oder „jenseits des Mondes“.
(für dapd)