Moskau, 11. Juli 2012 — Russland sieht in einer Strukturreform die einzige Möglichkeit zur Überwindung der „systemischen Krise“ seiner Raumfahrtindustrie. Den Plan dafür habe die Weltraumagentur Roskosmos seit November 2011 ausgearbeitet und am 29. Juni diesen Jahres durch ihr Kollegium absegnen lassen, berichteten russische Medien zu Wochenbeginn. Schon am (heutigen) Mittwoch solle das Dokument der Militärisch-Industriellen Kommission (WIK) bei der Regierung zur Beratung vorgelegt werden. Es werde erwartet, dass Präsident Wladimir Putin schon bald per Ukas den Startschuss für diese umfassende Reform gibt.
Teure Parallelentwicklungen bei Trägerraketen
Die neue Struktur solle Ordnung in die Beziehungen zwischen den Betrieben der Branche bringen und vor allem Dopplungen bei der Serienproduktion verhindern, betont die Zeitung „Kommersant“. Denn Letzteres sei der Grund für das Scheitern der vorangegangenen Reform in den Jahren 2007 bis 2011 unter Leitung des damaligen Roskosmos-Chefs Anatoli Perminow gewesen. Perminow habe zwar die Bildung von Holdings betrieben, aber deren Funktion nicht klar voneinander abgegrenzt. So seien mit der „Angara“ und der „Rus-M“ im „Chrunitschew“- und im „Energija“-Konzern parallel analoge Trägerraketen entwickelt worden, was den Staat teuer zu stehen gekommen sei.
Sieben integrierte Strukturen geplant
Heute plant Roskosmos dem Blatt zufolge sieben große integrierte Strukturen mit einer klaren Spezialisierung einiger ihrer Betriebe. Die größte Struktur sei die „Russische Raketen- und Weltraumkorporation“ (RRKK). Sie kümmere sich um die Trägerraketen, die Raketentriebwerksanlagen, die Steuerungssysteme für Träger und Satelliten, die Erdfernerkundungskomplexe und die Kartografie. Zu den sechs Gliedern der RRKK gehörten unter anderem „Chrunitschew“, das Wissenschaftliche Produktionszentrum „ZSKB-Progress“ und das Moskauer Versuchs- und Konstrukteursbüro MARS. Eine spezielle „Division“ solle sich auf ausdrücklichen Wunsch von Roskosmos-Generaldirektor Wladimir Popowkin mit dem Triebwerksbau befassen, der als die größte Schwachstelle der Branche gelte.
Auf die bemannte und wissenschaftliche Raumfahrt konzentriert sich die „Russische Weltraumkorporation“ (RKK). Ihre prominentesten Säulen sind die RKK „Energija“, das Wissenschaftliche Forschungsinstitut des Maschinenbaus und die Wissenschaftliche Produktionsvereinigung „Lawotschkin“. Daneben gibt es Strukturen für Kommunikationssysteme, Navigationskomplexe und elektrische Triebwerke, für funktechnische Boden- und Bordsysteme, automatische Bodensteuerungskomplexe, opto-elektronische Bord- und Bodensysteme, Startdienstleistungen sowie für die Kosmodrome und das Kosmonautenausbildungszentrum „Juri Gagarin“.
Auch die Militärs kommen nicht zu kurz. Für sie werden zwei Strukturen geschaffen, die deren Bedürfnisse von den ballistischen Interkontinentalraketen über Raketenfrühwarnsysteme und die Funkaufklärung bis hin zu den Startanlagen für die strategischen Atomstreitkräfte abdecken.
(für dapd)