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Credit: Xinhua

Peking, 29. Juni 2012 — Die Volksrepublik China hat einen großen Sprung vorwärts auf dem Weg zu einer eigenen Raumstation gemacht –  allerdings mit Hindernissen. Die Besatzung des Raumschiffes „Shenzhou-9“ („Magisches Schiff-9“), das am Freitag kurz nach 10.00 Uhr Ortszeit (04.00 Uhr MESZ) im Bezirk Siziwang Banner in der Inneren Mongolei gelandet ist, musste noch in der  Kapsel medizinisch behandelt werden, wie die amtliche Pekinger Nachrichtenagentur Xinhua meldete. Rund eine Stunde lang kümmerten sich Mediziner um das Trio, das nach dem mit 13 Tagen bisher längsten Raumflug der Chinesen Probleme hatte, sich wieder an die Schwerkraft der Erde anzupassen. Die Taikonauten hätten nicht selbstständig stehen können, betonte die Agentur. Nach der Behandlung wurden sie aus dem Raumschiff geborgen und lachend und winkend in Sesseln weggetragen.

Erste manuelle Kopplung und erste Chinesin im All

Das Hauptziel der Mission, erstmals eine manuelle Kopplung an das Orbitallabor „Tiangong-1“ („Himmelspalast-1“)  zu vollziehen, ist erfüllt worden. Mit viel Fingerspitzengefühl hatte Bordingenieur Liu Wang die Kapsel  per Hand an das Labor herangeführt. China beherrscht damit nach Russland und den USA als drittes Land die Rendezvous- und Dockingtechnologie. Dem Bau der geplanten eigenen Raumstation bis 2020  steht also nichts mehr im Wege. Schon in allernächster Zeit soll mit „Tiangong-2“ das Fundament dafür gelegt werden. Das neue Labor soll aus mehreren Modulen bestehen und auch mehrere Kopplungsstutzen haben. Zum Vergleich: Die Sowjets haben schon Ende September 1977 „Salut 6“ mit zwei Kopplungsaggegaten gestartet und damit die Ära der ständig bemannten Raumstationen eingeleitet, die bis heute in Gestalt der ISS andauert.

Mit Liu Yang gehörte zum ersten Mal eine Frau zur Besatzung. Die 33-jährige Militärpilotin im Range eines Majors hat vor allem medizinische Versuche durchgeführt, die der Vorbereitung auf künftige Langzeitflüge dienen. Knapp neun Jahre nach dem ersten Taikonauten Yang Liwei, der 2003 gestartet war, vertrat sie dabei nach eigener Aussage Hunderte Millionen Chinesinnen im All.

China räumt unumwunden ein, dass es in der Entwicklung der Raumfahrt in vielen Bereichen noch hinter westlichen Ländern herhinkt. Allerdings wird der Abstand nach Ansicht von Experten immer geringer. Auch sein Land habe seine „starken Seiten“, sagte Lu Xinguang, ein führende Designer für die Kontrollsysteme der Langer Marsch-2F-Trägerrakete, mit der „Shenzhou-9“ am 16. Juni auf den Weg gebracht wurde. „Wir können bereits aus eigener Kraft Menschen in den Weltraum schicken.“ Das zeuge vom hohen technologischen Niveau Chinas.

Sechs Milliarden Dollar für Rendezvous- und Dockingmissionen und bemannte Raumfahrt

Das hat allerdings auch seinen Preis. Nach Angaben der Sprecherin für das bemannte Raumfahrtprogramm, Wu Ping, investiert China in seine Rendezvous- und Kopplungsmissionen umgerechnet etwa drei Milliarden Dollar. Die hätten im September 2008 mit „Shenzhou-7“ begonnen und endeten im kommenden Jahr mit dem Flug von  „Shenzhou-10“ zu „Tiangong-1“. Eine etwa ebenso hohe Summe sei für die bemannte Raumfahrt bis zum Flug von Yang mit „Shenzhou-5“ aufgewendet worden .

(für dapd)