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Credit: SpaceX

Moskau, 24. Mai 2012 — Das offizielle Russland reagiert erstaunlich zurückhaltend auf den erfolgreichen Flug des privaten US-Raumschiffes „Dragon“. Es gibt bisher keine Stellungnahme eines namhaften Politikers zu dem Ereignis, das die Chefs des kalifornischen Herstellers SpaceX, Elon Musk, und der Luft- und Raumfahrtbehörde NASA, Charles Bolden, unisono als Beginn einer „neuen Ära“ bezeichneten. Der Moskauer Raumfahrtagentur Roskosmos war der Start der Kapsel zur Internationalen Raumstation ISS nicht einmal eine Nachricht auf der Homepage wert.

Dafür hat sich der Rundfunksender „Kommersant FM“ umso deutlicher zu Wort gemeldet. Mittelfristig könne SpaceX, das 2015  auch Menschen für 20 Millionen Dollar ins All schicken wolle, ein ernsthafter Konkurrent für Russland werden, hieß es in einem Kommentar. Sobald „Dragon“ seine Zuverlässigkeit nachgewiesen habe, müssen man damit rechnen, dass viele Kontrakte zu SpaceX abwandern.

Nach Ansicht des Korrespondierenden Mitglieds der Russischen Raumfahrt-Akademie, Andrej Ionin, wollen sich die Amerikaner mit kommerziellen Raumschiffen wie „Dragon“ aus der „Abhängigkeit von Russland“ befreien. Die sich daraus ergebenden Verluste seien aber „minimal“. Denn in den kommenden Jahren zahlten die USA für die Mitnahme ihrer Astronauten in russischen Raumschiffen zur ISS gerade einmal so viel, wie früher ein einziger Shuttle-Start gekostet habe – etwa 600 bis 700 Millionen Dollar. Es gebe allerdings „wichtige, eher politische Momente, Prestige-Momente“ für das Vorgehen der USA, betonte der Wissenschaftler.

Auch der Moskauer Vertreter der US-Gesellschaft Space Adventures, Sergej Kostenko, glaubt, dass den Russen durch das SpaceX-Projekt viele Kunden verloren gehen. In den kommenden fünf Jahren werde der Personenverkehr zur ISS zwar noch mit „Sojus“-Kapseln abgewickelt. Doch dann würden sie von etwas Neuem abgelöst. „Ein Raumschiff wie ´Dragon´ ist natürlich viel konkurrenzfähiger als ´Sojus´“, sagte Kostenko, der für die Russen Tickets an millionenschwere Weltraumtouristen verkauft. Es habe sieben Plätze, könne mehr Nutzlast auf die Umlaufbahn und zurück befördern und sei mehrfach nutzbar. „Seine Vorteile liegen klar auf der Hand.“

Der Leiter des Instituts für Raumfahrtpolitik, Iwan Moissejew, betonte, eine Privatfirma habe nunmehr das gesamte ISS-Programm der NASA übernommen. „Das kann man mit dem Erscheinen einer neuen Weltraummacht vergleichen.“

(für dapd)