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Credit: G. Kowalski

Moskau, 20. März 2012 —  Russlands Raumfahrtchef Wladimir Popowkin hat sich am Dienstag mit einem Paukenschlag in der Öffentlichkeit zurückgemeldet. Nach zweiwöchigem Krankenhausaufenthalt wegen Erschöpfungssyndromen rechnete er in einem „Iswestija“-Interview ungewöhnlich scharf mit einigen Managern der Branche ab, denen er Vetternwirtschaft, Finanzmanipulation und Verleumdung vorwarf. Namen nannte er dabei allerdings nicht.

Verträge würden künftig nur noch mit Unternehmen abgeschlossen, die ihre Gelder von Banken verwalten lassen, an denen der Staat beteiligt ist, sagte Popowkin. Als Beispiele führte er unter anderem die Sberbank, die Gazprombank und die Rosselchosbank an. „Von diesen Banken kommen immer objektive Informationen über den Kontostand und darüber, wohin das Geld geflossen ist.“ Der Roskosmos-Chef reagierte damit auf den Umstand, dass in jüngster Vergangenheit einige Konzernchefs das Geld auf Banken, in deren Leitung enge Familienangehörige saßen, oder bei von ihnen gegründeten Tochtergesellschaften geparkt haben. Darunter waren auch erhebliche Mittel für das Satellitennavigationssystem GLONASS,  mit dem sich Russland vom US-Konkurrenten GPS unabhängig machen will. Einige solcher Fälle waren von der Finanzkontrolle aufgedeckt  worden und hatten für viel Wirbel gesorgt.

Popowkin verteidigte erneut seine Weisung, künftig die Funktionen des Generaldirektors und Chefkonstrukteurs strikt zu trennen. Diese Personalunion sei in den 1990er Jahren berechtigt gewesen, als es galt, die Anstrengungen zu bündeln, um das Überleben der Unternehmen zu sichern, sagte er. Inzwischen seien in vielen Strukturen Manager an die Spitze der Unternehmen getreten, aber keine Konstrukteure. Künftig müsse die gesamte „Ideologie“ der Produktionsprozesse in der Hand der Konstrukteure liegen, während die Direktoren für deren Umsetzung zu sorgen hätten.

Der Roskosmos-Chef nahm auch zu Gerüchten Stellung, die sich um seine Einlieferung in ein Militärkrankenhaus am Vorabend des Internationalen Frauentages ranken. Offiziell hatte es geheißen, er habe wegen seiner vielen Dienstreisen  und der angestrengten Arbeit an der neuen Raumfahrtstrategie bis 2030 an physischer und emotionaler Erschöpfung gelitten. In der Boulevardpresse war indes die Rede von Verletzungen, die er sich bei einer Prügelei am Rande der Frauentagsfeier in seiner Agentur zugezogen habe. Diese im Internet verbreiteten „Fieberfantasien“ entsprächen „nicht einmal zu einem halben Prozent der Wirklichkeit“, sagte Popowkin. Ihm sei in diesem Zusammenhang klar geworden, dass „einige Leiter von Roskosmos-Betrieben“ im Zuge der von ihm durchgeführten Reformen „etwas zu verlieren haben“. Sie stellten ihr persönliches Überleben über die Interessen der Branche und das Prestige der russischen Raumfahrt.

(für dapd)