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Credit: G. Kowalski

Moskau, 12. März 2012 — Die jüngsten Pleiten und Pannen in der russischen Raumfahrt waren für ihren Chef offenbar zu viel. Roskosmos-Generaldirektor Wladimir Popowkin liegt mit Burnout-Symptomen bereits seit dem vergangenen Mittwoch in Moskau im Zentralen Burdenko-Militärhospital. Bekannt wurde das aber erst am Sonntag durch die Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Sie meldete unter Berufung auf einen Roskosmos-Sprecher, Popowkin sei wegen einer „lang anhaltenden physischen und emotionalen Anspannung“ in die Neurochirurgie der Klinik eingeliefert worden.

Genesungswünsche vom Vizepremier

Der für die Raumfahrt und den militärisch-industriellen Komplex  zuständige Vizepremier Dmitri Rogosin hat Popowkin inzwischen telefonisch seine Wünsche für eine baldige Genesung überbracht. Alle für Dienstag geplanten gemeinsamen Termine wurden auf die kommende Woche verschoben. Die Amtsgeschäfte hat zeitweilig Roskosmos-Vize Witali Dawydow übernommen.

Grund für die „plötzliche Verschlechterung“ des Gesundheitszustands Popowkins seien seine häufigen Dienstreisen über mehrere Zeitzonen hinweg, betonte der Sprecher. Dadurch sei der „normale Arbeitsrhythmus“ des Agentur-Chefs immer wieder gestört worden. Das habe sich auf eine ganze Reihe von Maßnahmen und insbesondere auf die Bilanzierung der Ergebnisse des Jahres 2011 ausgewirkt. Zur Krankheit hätten aber auch andere, nicht näher genannte Umstände beigetragen.

Die Bilanz des Raumfahrtjahres 2011, das dem 50. Jahrestag des historischen Fluges von Juri Gagarin vom 12. April 1961 gewidmet war,  fiel in der vergangenen Woche wegen fünf kapitaler Fehlstarts erwartungsgemäß durchwachsen aus. Popowkin räumte laut Kommunique “eine Reihe von Misserfolgen” ein, ohne allerdings auf Einzelheiten einzugehen. Diese hätten dazu geführt, dass nicht alle geplanten Vorhaben erfüllt werden konnten. Dennoch  habe die Branche die Erfüllung aller internationalen Verpflichtungen Russlands gewährleistet, einen hohen Nutzungsgrad der Trägerraketen gesichert und keinen Tempoverlust bei den geplanten Entwicklungskennziffern zugelassen, sagte er. Seine Einschätzung vom Ende vergangenen Jahres, dass sich die Raumfahrt  in einer „Krise“ befinde, wiederholte er indes nicht.

Pannenserie geht 2012 weiter

Popowkin hatte im Mai vergangenen Jahres unmittelbar nach den Gagarin-Feierlichkeiten ein schweres Erbe von seinem Vorgänger Anatoli Perminow übernommen, der von Präsident Dmitri Medwedjew wegen einiger Fehlstarts offiziell gerügt und dann in den Ruhestand geschickt worden war. Der neue Chef hatte dann im Juli nach dem Ende des US-Shuttle-Programms etwas großspurig versprochen, nunmehr beginne in der bemannten Raumfahrt „die Epoche der Sojus-Raumschiffe – die Epoche der Zuverlässigkeit“. Doch dann stürzten gleich zwei dieser an sich sehr zuverlässigen Träger ab. Als Ursache wurden der „menschliche Faktor“ und organisatorische Probleme ausgemacht.

Die Pannenserie setzte sich aber auch 2012 fort. Wegen eines Schadens an einer Sojus-Kapsel musste der erste bemannte Start zur Internationalen Raumstation ISS um sechs Wochen auf Mitte Mai verschoben werden. All das hat sicher schwer auf Popowkin gelastet.

Inzwischen hat die Regierung Roskosmos einen sechsten Stellvertreter genehmigt. Einer davon soll künftig den angeschlagenen Agentur-Chef als 1. Stellvertreter spürbar entlasten.

(für dapd)