Fr. Sep 27th, 2024
Credit: Gerhard Kowalski

Berlin, 29. Februar 2012 — Bevor Jos Gal zum eigentlichen Thema kam, machte er erst einmal kräftig Werbung in eigener Sache. Er sei Gründer der ersten „5-Sterne-Luxus-Zahnpraxis“ Deutschlands, sagte der 42-jährige Heidelberger am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in Berlin. Bei ihm bekämen die Patienten ihre Zahnkronen auf einem „roten Samtkissen auf silbernem Tablett“ präsentiert. Entsprechend spektakulär ist denn auch sein nächstes Abenteuer. Der gebürtige Ungar will 2014 als erster Deutscher einen kommerziellen Flug an die Grenze des Weltraums unternehmen. Das 60-Minuten-Abenteuer bis in 103 Kilometer Höhe inklusive fünf Minuten Schwerelosigkeit koste ihn 95.000 Dollar, der Vertrag mit der Betreiberfirma Space Expedition Curacao (SXC) werde in den nächsten Tagen unterzeichnet.

 

Neugieriger und abenteuerlustiger Mensch

Der Deal,  als Erster einen solchen Flug  zu erwerben, sei am Rande eines Golfturniers in Abu Dhabi geschlossen worden, sagte Gal. Ihn habe die Idee „absolut begeistert“, denn er sei ein „sehr neugieriger und abenteuerlustiger Mensch“.  Der „private Concierge und Luxuslifeststyle-Experte“ Henning Richard Haltinner, der die Tickets in Deutschland vertreibt, hat kein Problem damit, seinen ersten Kunden gleich zum „Astronauten“ hochzustilisieren, obwohl der gerade einmal für wenige Minuten an der Tür zum Weltraum kratzen darf. Auf den Hinweis, dass ein Astronaut nach der UNO-Definition mindestens einmal die Erde in einem Raumschiff umkreist haben muss, antwortete er: „Dann wissen Sie mehr.“

Doch bis Gal mit dem Ex-Testpiloten der niederländischen Luftwaffe Harry van Hulten an Bord des vierstrahligen Raketenflugzeugs Lynx des kalifornischen Unternehmens XCOR Aerospace von einem Flugplatz auf der Karibik-Insel Curacao aufsteigt,  muss noch eine Menge geschehen. Erst im Juli oder August rollt der Prototyp aus dem Hanger. Der erste Probeflug des Zweisitzers, der mit einer Experimental-Lizenz unterwegs sein wird, ist für  Ende 2012 vorgesehen. Und wenn alles gut geht, kann Gal im ersten Quartal 2014 im opulent verglasten Cockpit Platz nehmen.

In drei Minuten auf Tempo 3.550

Die mit Kerosin und Flüssigsauerstoff gespeisten Raketentriebwerke sollen die nur 8,51 Meter lange und 7,3 Meter breite Maschine in drei Minuten auf 3.550 Stundenkilometer katapultieren. In 58,5 Kilometern Höhe werden sie abgeschaltet, und der Apparat steigt dann in einer Parabel bis auf gut 100 Kilometer Höhe. Von hier kann Gal kurze Zeit einen Blick auf die Erde zwischen Brasilien und Florida werfen, bevor die Maschine wieder in die Atmosphäre eintaucht und nach mehreren Spiralen wie ein Segelflugzeug landet. Künftig sollen bis zu vier Starts pro Tag möglich sein – mit einem „Weltraumtouristen“, aber auch wissenschaftlichen Geräten an Bord. 50 Flüge seien bereits gebucht, sagt Haltinner.

Pilot van Hulten ist des Lobes voll über die Maschine, die er noch gar nicht geflogen ist. Er gründet seinen Optimismus vor allem auf die sehr zuverlässigen Raketentriebwerke, die seit 1990 bereits in 15. Generation gebaut werden und bisher problemlos  funktioniert hätten. Zudem sei das Flugzeug, für das auch der ehemalige US-Shuttle-Astronaut Richard Searfoss wirbt, mit allerneuester Sicherheitstechnik ausgestattet.  Es könne noch mit einem Triebwerk fliegen und verfüge für den Notfall auch über Schleudersitze. Dennoch gebe es wie bei jeder „neuen Sache“ keine absolute Sicherheitsgarantie, schränkte der Pilot ein. Schließlich sei jede „Pionierarbeit“ risikobehaftet.

(für dapd)