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Moskau, 22. November 2011 — Russlands Raumfahrt hat am Dienstag einen großen Erfolg gefeiert und zugleich eine herbe Niederlage erlitten. Nach ihrer 167-tägigen Dienstreise ins All sind am Morgen die Astronauten Sergej Wolkow (Russland), Mike Fossum (USA) und Satoshi Furukawa (Japan) wohlbehalten und sicher von der Internationalen Raumstation ISS zur Erde zurückgekehrt. Nur wenige Stunden später musste
man aber eingestehen, dass die havarierte Marssonde Phobos-Grunt nicht mehr zu retten ist. Da es bisher nicht gelungen sei, Kontakt mit ihr aufzunehmen, gebe es praktisch keine Chancen mehr, die Mission zu verwirklichen, sagte der stellvertretende Generaldirektor der offiziellen Raumfahrtagentur Roskosmos, Witali Dawydow, der Nachrichtenagentur RIA Nowosti  in Moskau. Da müsse man „realistisch“ sein. 

Das Raumschiff Sojus TMA-02M landete bei klirrendem Frost um 6.25 Uhr Moskauer Zeit (3.25 Uhr MEZ)  nördlich der Stadt Arkalyk in der verschneiten kasachischen Steppe. Wegen des starken Windes fiel die Kapsel  allerdings auf die Seite. Nach ihrer Bergung wurden die Männer, die gut gelaunt in die Kameras lächelten, in dicke Decken gehüllt zu einer ersten medizinischen Kontrolle in ein Zelt getragen.

Das Trio hatte um 3.00 Uhr von der Station abgekoppelt. Dazu zündete Kommandant Wolkow zwei Annäherungs- und Orientierungstriebwerke des zweiten Raumschiffes der neuen digitalen TMA-M-Serie. In etwa 50 Metern Entfernung von der ISS führte er noch mehrere Tests des Steuerungssystems der Kapsel durch, die das alte TMA-Modell abgelöst hat. Danach begann der Abstieg aus 425,5 Kilometern Höhe.

Mit der Rückkehr von Sojus TMA-02M hat US-Astronaut Dan Burbank das Kommando in der ISS übernommen. Zusammen mit den Russen Anton Schkaplerow und  Anatoli Iwanischin setzt er den Flug als nunmehr 30. Stammbesatzung fort. Am 23. Dezember kommt die nächste dreiköpfige Mannschaft auf die Umlaufbahn. Mit dabei ist dann auch der belgische ESA-Astronaut André Kuipers.

Phobos-Grunt war am 9. November problemlos auf eine Erdumlaufbahn gestartet worden. Doch dann zündeten offenbar wegen eines Programmierfehlers die Marschtriebwerke nicht, die den 13,5 Tonnen schweren und 120 Millionen Euro teuren Apparat zum Marsmond Phobos bringen sollten, um dort Bodenproben zu nehmen und diese im August 2014 zur Erde zu bringen. Auch deutsche Wissenschaftler sind an der Mission beteiligt.

Das nächste Startfenster zum Mars öffne sich erst in zwei Jahren, betonte Dawydow. Phobos-Grunt werde aber bis zu diesem Zeitpunkt „nicht überleben“. Bisher habe man keinerlei telemetrische Daten von Bord der Sonde erhalten. „Wenn wir mit der Station in Verbindung treten können und verstehen, was mit dem Apparat los ist, können wir vielleicht irgendwelche Schlussfolgerungen ziehen.“
Mit dem Verlust der Sonde ist das Vorhaben Russlands gescheitert, sich nach 15-jähriger Pause wieder in der internationalen Planetenforschung zurückzumelden. Inzwischen ist eine Fehlerdiskussion im Gange. Viele Experten führen das Scheitern auf den insgesamt schlechten Zustand der Wirtschaft des Landes und die chronische Unterfinanzierung der Raumfahrtbranche zurück. Zudem steht die Frage der persönlichen Verantwortung für das Fiasko im Raum.
 

(für dapd)