Berlin/Moskau, 30. September 2009 — Der Ruf „Manege frei!“ erklingt nun auch im Weltall. Seit Mittwoch ist der Direktor des weltberühmten kanadischen Cirque du Soleil, Guy Laliberté, auf dem Weg zur Internationalen Raumstation ISS. Mit roten Clown-Nasen als Geschenk im Gepäck, brach er als zahlender Weltraumtourist an der Seite des russischen Kosmonauten Maxim Surajew und des US-Astronauten Jeffrey Williams mit der „Sojus TMA-16“- Kapsel am Morgen um 9.14 Uhr deutscher Zeit vom Kosmodrom Baikonur (Kasachstan) auf.
Bei seinem 8-Tage-Besuch in der ISS geht es Laliberté aber nicht um Clownerien, obwohl auch die ja meistens einen ernsten Hintergrund haben. Der 50-jährige Dollar-Milliardär will vielmehr im Rahmen seiner Stiftung ONE DROP (Ein Tropfen) unter dem Motto „Water for all, all for water“ dafür kämpfen, dass alle Menschen auf der Erde Zugang zu sauberem Wasser erhalten. Dazu plant er auch künstlerische Projekte bei seiner „sozial-poetischen Mission“, wie er sie nennt. Einer der zentralen Punkte ist eine Lesung von Bord, die zeitgleich auch in 14 Städten rund um den Erdball stattfindet. Zudem will er im All ein Gedicht zum Thema Wasser verfassen, das dann zu Gunsten seiner Stiftung, in die er persönlich 100 Millionen Dollar eingebracht hat, verkauft werden soll.
Der Kanadier, der als siebenter und wohl auch letzter Tourist zur Station fliegt, erhofft sich von seiner „großartigen Reise eher geistige denn physische Erfahrungen“. In den 25 Jahren seit Gründung seines „Cirque du Soleil“ sei er immer als „Clow n, Drahtseilartist, Stelzenmann, Feuerschlucker, Unternehmer oder Mensch“ apostrophiert worden, sagte er auf einer Vorstartpressekonferenz. Heute strebe er den „neuen Titel“ eines „humanitären Weltraumforschers“ an, da er ja weder „ein Wissenschaftler noch Kosmonaut, sondern nur ein Artist“ sei. „Ich möchte in die mutige Profession der Kosmonauten eine poetische Note einbringen.“ Zudem werde er in der Schwerelosigkeit auch zu jonglieren versuchen, fügte Laliberté augenzwinkernd hinzu, sich das Feuerschlucken aber verkneifen. Er hoffe, damit ein „Gefühl für den Humor“ in der ISS zu erzeugen.
Der Zirkusdirektor mit der markanten Glatze gibt freimütig zu, nicht wie seine Weltraumtouristenn-Vorgänger schon von Kindheit an von einem Raumflug geträumt zu haben. „Mein Traum war, in einem Märchen zu leben“, sagte er. Selbst als er als Zehnjähriger 1969 die Mondlandung miterlebt habe, sei er nicht vom Kosmosfieber gepackt worden. „Aber ich habe erkannt, dass es möglich ist, einen Traum zu verwirklichen“, fügte Laliberté hinzu. Als sich ihm vor zwei Jahren die Gelegenheit zu dem Flu g bot, habe er deshalb diese beim Schopfe ergriffen.
Seine körperliche Fitness als Artist sei ihm bei der Vorbereitung auf seine Mission zur ISS sehr zustatten geklommen, verriet der fünffache Vater. Bei dem viermonatigen intensiven Training habe er glücklicherweise nicht alle Systeme der „Sojus“-Kapsel und Raumstation studieren müssen. Dafür habe er sich sehr intensiv mit „so grundlegenden Dingen befasst, wie dem Trinken und der Zubereitung von Mahlzeiten in der Schwerelosigkeit“, um der Stammbesatzung nicht unnötig zur Last zu fallen. Auf der Erde seien diese Dinge ganz einfach, im Weltraum könnten sie sich aber „zu einer Wissenschaft auswachsen“. Alles da oben erfolge „streng nach Vorschrift“ – bis hin zur Benutzung des Bord-Klos.