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Credit: Roskosmos

Kourou, 20. Oktober 2011 — Aufatmen bei den Russen in Kourou: Die Verschiebung des für Donnerstag geplanten Erststarts ihrer Sojus-ST-Rakete kommt nicht auf ihr Konto. Schuld ist die Bodenautomatik. Die Russen sind aber die Leidtragenden – so oder so.

Die internationale Journalisten-Meute sass noch im Bus vom Hotel zum europäischen Weltraumbahnhof, als per Handy die Nachricht kam, dass der Start wegen eines Problems bei der Betankung der dritten Raketenstufe um mindestens 24 Stunden verschoben werden müsse. Natürlich dachten alle gleich an den Absturz der Sojus-Rakete vom 24. August im Altai, der den Fahrplan der Internationalen Raumstation ISS gründlich durcheinandergebracht hat. Damals war die Treibstoffzufuhr zu eben dieser dritten Stufe wegen einer verstopften Leitung vorzeitig unterbrochen worden. Der als sehr zuverlässig geltende Träger zerschellte samt einem Frachtraumschiff mit Nachschub für die ISS nach nur 1.500 Flugkilometern in einer schwer zugänglichen Gebirgslandschaft. Mit dem Crash fand eine ungewöhnlich lange Pechsträhne ihren vorläufigen Höhepunkt.
 
Nachdem der Fehler schnell gefunden worden war, machten sich die Russen gerade daran, wieder zum normalen Startalltag zurückzukehren. Und nun diese Hiobsbotschaft. Der Pressesprecher der Moskauer Raumfahrtagentur Roskosmos, der mit im Bus war, telefonierte hochroten Kopfes mit irgendjemandem. Ihm schwante sicherlich großes Ungemach. Doch die Fragen der auf ihn einstürmenden Reporter konnte er wirklich nicht beantworten.
 
Denn wie sich schnell herausstellte, lag der Fehler nicht beim russischen Träger, der sich zu seiner 1.777. Mission anschickte, sondern bei der automatischen Betankungsanlage am Boden. Der Chef der Betreibergesellschaft Arianespace, die die Gesamtverantwortung für den Start trägt, Jean-Yves Le Gall, räumte dann den Fehler unverzüglich ein. Die Automatik habe durch ein falsches Signal die Betankung der Sojus vorzeitig beendet. Die Russen nahmen das zwar mit Erleichterung zur Kenntnis, doch die Enttäuschung war auch bei ihnen groß. Sie können und wollen sich derzeit keine schlechten Nachrichten leisten, wer immer sie auch produziert.
 
Inzwischen ist das defekte Teil ausgetauscht worden, und für Freitag ist ein neuer Startversuch geplant, bei dem hoffentlich alles gut geht. Denn die europäische Weltraumorganisation ESA hatte am Vorabend schon in hehren Worten die Sojus-Premiere und den Start der ersten beiden Satelliten des Weltraumnavigationssystema Galileo als „historische Ereignisse“ gefeiert. Jetzt müssen sie nur noch eintreten. Roskosmos-Vize Alexander Lapotin hatte sich dagegen in seiner Rede sehr zurückgehalten. Als hätte er geahnt, was passieren würde, warnte er, man sollte doch ein Ereignis erst dann loben, wenn es wirklich stattgefunden habe.
 
(für dapd)