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Berlin/Edwards (Kalifornien), 12. September 2009 —  Pünktliche Starts und Landungen werden bei den in die Jahre gekommenen US-Shuttles immer mehr zur Glücksache. Da macht auch die Raumfähre „Discovery“ keine Ausnahme, die in der Nacht zum Samstag um 2.53 Uhr deutscher Zeit von ihrer zweiwöchigen Ausbau- und Versorgungsmission zur Internationalen Raumstation ISS zurückgekehrt ist. Die Fähre konnte schon aus technischen und Witterungsgründen erst im vierten Anlauf starten, und bei der Landung brauchte sie nun ebenso viele Versuche. Wegen schlechten Wetters auf ihrem Heimatweltraumbahnhof Cape Canaveral in Florida musste sie nach Kalifornien auf den Luftwaffenstützpunkt Edwards umgeleitet werden.

Flugdirektor Richard Jones hatte am Freitag dreimal versucht, die „Discovery“ am Kap nach Hause zu holen, um die Millionen teure Rückführungsaktion durch halb Amerika zu vermeiden. Doch jedes Mal machten ihm Sturm und Regen einen Strich durch die Rechnung. Deshalb cancelte er schließlich eine noch bestehende weitere Option und entschied sich für Kalifornien, wo der Shuttle bei „leichtem Wind“ und ruhigem Wetter am Freitagabend Ortszeit gut eine Stunde vor Sonnenuntergang butterweich auf Runway 22 aufsetzte.

Die Raumfähre war am 29. August zur ISS aufgestiegen und hatte nach gut einwöchigem Gemeinschaftsflug am Dienstag wieder von ihr abgelegt. Die siebenköpfige  Besatzung, darunter auch der schwedische ESA-Astronaut Christer Fuglesang, hatte rund 7,5 Tonnen Nachschub zur Station gebracht. Neben Lebensmitteln, einem Luftaufbereitungssystem, einem Laufband für das Fitnesstraining und Schlafkabinen für das japanische KIBO-Modul waren das  vor allem neue wissenschaftliche Geräte.  Dazu gehörte die zweite von Astrium in Friedrichshafen für die & nbsp;Europäische Weltraumorganisation (ESA) entwickelte  Spezialkühleinrichtung Melfi-2 (Minus Eighty Laboratory Freezer for ISS),  in der Proben von biologischen und medizinischen Experimenten bis zu einer Temperatur von minus 80 Grad Celsius gelagert werden können. Melfi-1 arbeitet schon seit 2006  sehr erfolgreich und störungsfrei in der Station.

Mit dem Labor für Werkstoffwissenschaften MSL (Materials Science Laboratory), das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln gesteuert wird, bekam die ISS ferner ihre erste Forschungsapparatur überhaupt, die ausschließlich diesem Bereich gewidmet ist. Mit ihr können die Astronauten das Verhalten verschiedener Stoffe, wie Metall, Glas, Kristall oder Keramik, unter Weltraumbedingungen untersuchen. Ziel ist, später industriell Werkstoffe mit verbesserten Eigenschaften oder zu geringeren Kosten auf der Erde herzustellen. Mit der Fluidphysikanlage D eclic (Dispositif d’Etude de la Croissance et des Liquides Critiques) können zudem Grundsatzfragen zur Herstellung neuer Legierungen und Halbleiter  wie auch neue Metho den zur Abwasserbehandlung bearbeitet werden. Angesichts dieser Fülle neuer Technik sprach die ESA von einem „Wendepunkt“ ihrer Aktivitäten in der ISS.

Bei drei Ausstiegen in den freien Raum haben die Astronauten die ISS auch sonst für die Zukunft fit gemacht. Sie installierten eine Plattform für die Lagerung von Ersatzteilen und  zwei Antennen für das Satellitennavigationssystem GPS, tauschten ein defektes Gerät für die Positionsbestimmung der Station aus und verlegten ein rund 20 Meter langes Kabel für das neue Verbindungsmodul «Node 3», das im Februar 2010 zur Station gebracht werden soll. Außerdem bargen sie zwei Experimentierplattformen am europäischen Forschungsmodul „Columbus“ und montierten einen neuen Ammoniaktank für das Wärmeregulierungssystem der ISS.

Auf dem Heimweg war diesmal auch US-Astronaut Timothy Kopra mit an Bord. Er hatte seit Juli als Bordingenieur in der Station gearbeitet. Seine Aufgabe hat nun seine Landsmännin Nicole Stott  übernommen, die mit der „Discovery“ auf die Umlaufbahn gekommen ist.

Kurz vor der ursprünglich für Freitag geplanten Landung hatte die Shuttle-Crew um Kommandant Rick Sturckow noch ein Erlebnis der besonderen Art. Sie musste ein Manöver fliegen, um einem Stück Weltraumschrott auszuweichen. Dessen Herkunft ist bisher nicht geklärt. Möglicherweise handelte es sich um einen Gegenstand, der aus der offenen Ladebucht gefallen war, in der sich zweieinhalb Tonnen Forschungsergebnisse, ausrangierte Ausrüstungen und Abfälle aus der Station befanden. Nach NASA-Angaben war nur klar, dass er nicht vom Hitzeschild der Fähre stammte.