Berlin, 20. Juli 2011 — Die Europäer müssen nach Ansicht des deutschen Astronauten Ulf Merbold nach der Einstellung des US-Shuttle-Programms endlich die Ärmel hochkrempeln und ein eigenes bemanntes Raumfahrtsystem entwickeln. Es gebe jetzt eine „Riesenlücke und die Chance für uns Europäer, in vier oder fünf Jahren selbst in den Weltraum zu fliegen“, sagte Merbold der Nachrichtenagentur dapd in Berlin. Dazu müsste nur der automatische Frachter ATV mit einer Rückkehrkapsel und einem Lebenserhaltungssystem ausgerüstet werden.
Eine Geldfrage sei das nicht, sagte der Astronaut, der zwischen 1983 und 1994 zweimal mit einem Shuttle und einmal mit einer russischen Sojus-Kapsel im All war, unter Hinweis auf die enormen EU-Agrarsubventionen. „Es fehlt uns in Europa im Grunde nur am politischen Willen und an einer visionären politischen Figur, die uns einfach dieses Ziel an den Horizont stellt und sagt: Da gehen wir jetzt hin.“
Das Ende der Shuttles sei „kein guter Tag“, sagte Merbold. Er habe „große Schwierigkeiten“ nachzuvollziehen, dass sich die USA „auf eine nicht absehbare Zeit“ in der bemannten Raumfahrt von den Russen abhängig machen. Er sei sich auch nicht sicher, dass jetzt „Privatleute richtig Geld in die Hand nehmen“ und mit Nachdruck etwas bauen, mit dem man dann in den nächsten vier bis fünf Jahren privatwirtschaftlich zur Internationalen Raumstation ISS gelangen könnte. „Insofern glaube ich nicht so richtig, dass die Idee des amerikanischen Präsidenten, die bemannte Raumfahrt privat zu betreiben, realisiert wird.“
(für dapd)