Moskau, 1. März 2011 – Russlands Raumfahrt-Patriarch Boris Tschertok ist am Dienstag 99 Jahre alt geworden. Der Generaldirektor der Raumfahrtagentur Roskosmos, Anatoli Perminow, würdigte aus diesem Anlass den „unschätzbaren Beitrag“ des Jubilars zur Entwicklung der Raumfahrttechnik. Der Name Tschertoks sei neben dem von Chefkonstrukteur Sergej Koroljow (1907-66) eines der „Symbole“ für die zeitgenössische nationale und weltweite Kosmonautik.
Tschertok sei 1945 einer der Wenigen gewesen, die den Auftrag erhalten hätten, „in Deutschland nach deutschen Raketenbauern zu suchen und Daten über die V-2-Rakete zu sammeln“, betonte Perminow. 1961 habe er zusammen mit anderen Konstrukteuren „die Erlaubnis“ für den Start des „Wostok“-Raumschiffes mit dem ersten Kosmonauten der Welt, Juri Gagarin, gegeben.
Noch heute erfreuten sich die Vorträge des Akademiemitglieds Tschertok „uneingeschränkter Popularität“, und seine Prognosen zur Entwicklung der Raumfahrt gäben der Wissenschaft reichlich Stoff zur Reflexion.
Tschertok wurde am 1. März 1912 in Lodz geboren. 1940 schloss er sein Studium am Moskauer Energetischen Institut ab. Von 1946 bis 1950 war der Fachmann für Steuerungssysteme im Rüstungsministerium tätig. Danach arbeitete er in leitenden Funktionen im Konstruktionsbüro von Koroljow, dessen Stellvertreter er 1974 wurde. Hier war er federführend an der Entwicklung der Steuerungssysteme aller sowjetischen Raumschiffe, Raumflugkörper und Trägerraketen beteiligt. Seine Memoiren in vier Bänden „Raketen und Menschen“ sind die bisher ausführlichste Chronik der Sowjetraumfahrt.
Noch heute ist der Jubilar Chefberater des Raumfahrtkonzerns „Energija“, der Koroljows Werk fortsetzt. Dabei ist Tschertok in den letzten Jahren mit zum Teil heftiger Kritik an der aktuellen Raumfahrtpolitik aufgetreten. 2010 ist unter seiner Leitung das Standardwerk „Die Raumfahrt des XXI. Jahrhunderts“ (Der Versuch einer Prognose bis 2101) erschienen. Darin fordert er eine „strategische Pespektive“ für die russische Raumfahrt.