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Credit: NASA
Credit: NASA

Cape Canaveral, 24. Februar 2011 — Es schien, als wollte sich die „Discovery“ mit aller Macht gegen ihre Abschiebung aufs Altenteil  wehren. Gleich reihenweise verhinderten technische und Wetterprobleme  den ursprünglich für den 1. November 2010 geplanten Start der dienstältesten Raumfähre zu ihrer letzten Reise ins All. Zuerst waren es Lecks an Treibstoff-, Helium- und Stickstoffleitungen, dann streikte das Kontrollsystem der Haupttriebwerke, und als endlich technisch alles geregelt war, spielte, wie so oft in Florida, das Wetter nicht mit. Schließlich zwangen Risse im Haupttank die NASA im Dezember sogar, den Shuttle von der Rampe zu nehmen und in das Montagegebäude zurückzurollen.

 
Nun hat also mit knapp viermonatiger Verspätung die Farewell-Tour zur Internationalen Raumstation ISS begonnen. Danach sind nur noch je ein Start der anderen beiden verbliebenen Fähren  „Endeavour“ und  „Atlantis“ geplant, bevor das stolze Shuttle-Programm, das am 12. April 1981, dem 20. Jahrestag des historischen Fluges von Juri Gagarin, aufgelegt worden war, Geschichte ist. Für Tausende hochqualifizierter NASA-Mitarbeiter bedeutet das zugleich die Entlassung in eine unbestimmte Zukunft.
 
Der Weg der „Discovery“ ist seit ihrer Indienststellung im August 1984 mit Erstleistungen und Rekorden gepflastert. Sie ist öfter  unterwegs gewesen und hat dabei mehr Menschen ins All befördert als ihre „Schwestern“. Sie fing als erste Raumfähre defekte Satelliten in der Umlaufbahn ein und brachte sie auf die Erde zurück. Zudem steuerte sie gleich zwei Raumstationen an – Ende der 1990er Jahre die russische MIR und danach bereits ein Dutzend Mal die ISS. 1990 brachte sie das Weltraumteleskop „Hubble“ auf die Umlaufbahn, später flog sie noch zu zwei Service-Missionen zu ihr. Nach einer Zwangspause wegen der verheerenden Tragödien der „Challenger“ (1986) und der „Columbia“ (2003) wurde die Fähre wieder als Erste losgeschickt, um den ungebrochenen Willen der Amerikaner zu demonstrieren, ihr Raumfahrtprogramm unbeirrt fortzusetzen.
 
Bei 38 Missionen hat die „Discovery“ bisher 352 Tage, also rund ein Jahr, im All verbracht und dabei die Erde mit 28.000 Stundenkilometern 5.628 Mal umrundet. Dabei legte sie 388 Mal die Entfernung zum Mond oder die Hälfte des Weges zur Sonne zurück. Mit 246 Männern und Frauen hat die Fähre mehr Astronauten und Kosmonauten an Bord gehabt als jede andere. Sie hatte mit Eileen Collins in Personalunion die erste weibliche Pilotin und kurze Zeit später auch die erste Shuttle-Kommandantin. Zu ihren prominentesten Besatzungsmitgliedern gehörten 1985 Jake Garn als erster US-Senator, 1994 Sergej Krikaljow als erster Russe und 1998 der damals 77-jährige Astronauten-Veteran John Glenn als ältester Mensch im All.
 
Kurz vor dem Start der 1. Stammbesatzung mit Bill Shepherd (USA), Sergej Krikaljow und Juri Gidsenko (beide Russland) zur ISS brachte die „Discovery“ im Oktober 2000 beim 100. von inzwischen 133 Shuttle-Flügen den ersten Teil der Gitterkonstruktion zur Station, die in diesen Tagen schon elf Jahre lang ununterbrochen bemannt unseren Planeten umkreist. Im Oktober 2007 gab es eine weitere Premiere: Erstmals waren zwei Frauen gleichzeitig „Chef“ auf der Umlaufbahn – Pam Melroy als Kommandantin der „Discovery“ und Peggy Whitson (beide USA) der ISS – Frauen-Power pur. Im Mai 2008 brachte der Shuttle dann das japanische Forschungslabor KIBO („Hoffnung“) sicher zur ISS.
 
Nun absolviert die legendäre Raumfähre ihre letzte Dienstreise, bevor sie wahrscheinlich einen Ehrenplatz in einem Museum findet – und  verabschiedet sich standesgemäß mit zwei außergewöhnlichen Nutzlasten in der Ladebucht: Dem italienischen Modul „Leonardo“ als letztem Bauteil des US-Segments und dem ersten humanoiden Roboter „Robonaut 2“ als fleißigem Helfer für die ISS-Astronauten.
 
(für dapd)