Toulouse, 24. Februar 2011 —
Das europäische Transportraumschiff ATV-2 “Johannes Kepler” hat am Donnerstag mit gut sieben Tonnen Nachschub problemlos an der Internationalen Raumstation ISS angelegt. Die vollautomatische Kopplung an das russische „Swesda“-Modul sei um 16.59 Uhr MEZ erfolgt, teilte das ESA-Flugleitzentrum im südfranzösischen Toulouse mit. Der Frachter war vor einer Woche an der Spitze einer „Ariane 5“-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou (Französisch-Guyana) gestartet.Das komplizierte Manöver, das bei einer Geschwindigkeit von 28.000 Stundenkilometern rund 350 Kilometer über der Erde stattfand, vollzog sich in mehreren Phasen. Zuerst näherte sich das ATV-2 nach seiner Aufholjagd in den vergangenen Tagen der ISS auf 3,5 Kilometer Entfernung . Dann „pirschte“ es sich schrittweise mit kurzen Pausen auf 249, 19 und schließlich 11 Meter heran, bevor die eigentliche Kopplung stattfand. Gegen 17.00 Uhr waren alle mechanischen Verbindungen zwischen beiden Raumflugkörpern hergestellt.
Der Koordinator der Bundesregierung für die Luft- und Raumfahrt, Staatssekretär Peter Hintze (CDU), bezeichnete das ATV-2 als „wertvolles Beispiel für die internationale Zusammenarbeit“. Der Frachter sei sicher, zuverlässig und von wundervoller Qualität. Er hoffe, dass mit seiner Hilfe auch das Forschungsprogramm der ISS in Zukunft erweitert werden könne.
Die Direktorin für Bemannte Raumfahrt der Europäischen Weltraumorganisation ESA, Simonetta Di Pippo, betonte, Europa werde sich auch künftig als zuverlässiger ISS-Partner erweisen. Sie sei überzeugt, dass die Station noch über das Jahr 2020 hinaus einen Beitrag zur Zukunft der Raumfahrt leisten werde.
Der Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Johann-Dietrich Wörner, sagte, für ihn sei die Kopplung ein „großer Tag“. Er nannte das ATV-2 ein „Raumschiff der bemannten Raumfahrt“, mit dem der Betrieb der ISS bis ins dritte Jahrzehnt gesichert werde.
„Johannes Kepler” bringt 4,5 Tonnen Treibstoff, 1,6 Tonnen Stückgut, 100 Kilogramm Gase sowie Post für die sechsköpfige russisch-amerikanisch-italienische ISS-Besatzung auf die Umlaufbahn. Mit einem Gesamtgewicht von 20,1 Tonnen ist der Frachter das schwerste Raumfahrzeug, das je von einer “Ariane 5″ transportiert wurde. Der Träger ist dafür mit der wiederzündbaren Oberstufe EPS, einer verstärkten Steuerungseinheit und einem speziell überarbeiteten Flugprogramm ausgestattet worden. Zudem war das der 200. Flug einer “Ariane” überhaupt.
Das ATV-2 ist nach dem großen deutschen Astronomen und Naturforscher Johannes Kepler (1571-1630) benannt. 2009 hatte sich die Veröffentlichung seines Hauptwerkes „Astronomia Nova“ (Neue Astronomie) zum 400. Mal gejährt. Darin hat er zum ersten Mal in der Geschichte der Astronomie
eine einheitliche, für alle Planeten gültige Bahntheorie entwickelt – die Keplerschen Gesetze.
Inzwischen kommen nach Angaben des Leiters Orbitale Systeme und Exploration des Bremer Herstellers Astrium , Michael Menking, die Arbeiten an ATV-3 gut voran, das auf den Namen des italienischen Mathematikers und Physikers Edoardo Amaldi (1908-1989) getauft wurde. Zudem seien der Bau von ATV-4 begonnen und die ersten Strukturen für das ATV-5 ausgeliefert worden.
(für dapd)