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Credit: IMBP
Credit: IMBP

Berlin/Moskau, 14. Februar 2011 — Ein Russe und ein Italiener haben am Montag als erste Menschen ihren Fuß auf einen fremden Planeten gesetzt – allerdings nur virtuell. Alexander Smolejewski und Diego Urbina vollzogen wie weiland Neil Armstrong auf dem Mond den „kleinen Schritt für einen Menschen und großen Sprung für die Menschheit“ diesmal auf dem Mars. Als erstes pflanzten sie eine russische Fahne auf. Diese habe aber leider nicht so „geweht“, wie die amerikanische 1969 auf dem Mond, so dass das „Schauspiel“ nicht so gewaltig gewesen sei, monierte die Raumfahrtagentur Roskosmos. Dieser Fehler

werde aber noch behoben, zumal es auf dem Mars eine Atmosphäre und damit auch Wind gebe.
 
Der Russe und der Italiener hatten das „Landemodul“ des Experimentalkomplexes „Mars 500“ im Moskauer Institut für Medizinisch-Biologische Probleme (IMBP) in den Mittagsstunden in ihren „Orlan-E“-Raumanzügen für rund zwei Stunden verlassen. Beide Männer hätten alle Aufgaben des ersten von drei Ausstiegen erfüllt, betonte Roskosmos weiter, ohne allerdings Details zu nennen. Zu den weiteren Aufgabe gehörten die Verlesung von Botschaften in russischer und englischer Sprache, hatte es vorab geheißen. Zudem sollte das Duo auf der naturgetreu nachgestalteten Mars-Oberfläche das Terrain für einen künftigen Landeplatz abstecken, Boden- und Gesteinsproben nehmen sowie das künstlich geschaffene Magnetfeld messen. Dabei sollte es von dem Mini-Rover „Gulliver“ unterstützt werden, der mit einem Roboterarm und mehreren kleinen Kameras ausgerüstet ist und von dem Chinesen Yue Wang aus dem Landemodul ferngesteuert werden sollte.
 
Das bisher realistischste Experiment zur Simulation eines Mars-Fluges in der hermetisch
abgeschlossenen IMBP-Versuchsanlage erreicht mit dem erfolgreichen ersten Ausstieg nach acht Monaten seine entscheidende Phase. Den zweiten absolvieren der Russe und der Chinese am 18. Februar, beim dritten am 22. Februar wird Smolejewski wieder von Urbina begleitet.
 
Am 23. Februar tritt das Trio wieder den Rückflug an und steigt nach drei Tagen Quarantäne am 27.
Februar in das Mutterraumschiff um, in dem „Mars 500“-Kommandant Alexej Sitjow, der Arzt Suchrob Kamolow (beide Russland) und der Franzose Romain Charles verblieben waren. Der Rückstart zur Erde ist für den 1. März geplant, die „Landung“ am 5. November.
 
Das Experiment hatte am 3. Juni vergangenen Jahres begonnen und soll insgesamt 520 Tage dauern.
Davon sind 250 Tage für die Hin-, 240 Tage für die Rückreise und 30 Tage für den Aufenthalt auf dem Roten Planeten vorgesehen. Dabei sollen Erfahrungen für eine reale bemannte Mars-Mission gesammelt werden, die nach Vorstellung der Russen frühestens 2030 und nur als internationales Projekt in Angriff genommen abgekoppelt.
 
Russlands genialer Chefkonstrukteur Sergej Koroljow (1907-1966) hatte schon kurz nach dem Flug von Juri Gagarin vom 12. April 1961 daran  gearbeitet, bereits 1974 einen seiner Landsleute zum Mars zu schicken. Die kühne Idee wurde aber bald von Partei- und Regierungschef Nikita Chruschtschow gestoppt. Koroljow musste seine Pläne ändern, um den USA und Wernher von Braun im Wettlauf um den Mond zuvorzukommen. Das misslang gründlich, wie wir wissen. Deshalb sehen russische Medien jetzt in der bemannten „Marslandung“ eine stille Genugtuung für Koroljow, auch wenn sie nur virtuell stattgefunden hat.
 
Der Mars ist auf den ersten Blick der Erde nicht ähnlich und eignet sich auch nicht, um Bäume auf ihm zu pflanzen, wie ein bekanntes russisches Kosmonauten-Lied voraussagt. Nachts sinkt hier das Thermometer auf minus 140 Grad Celsius. Doch nach Ansicht von Wissenschaftlern wie dem Chef des Instituts für Kosmosforschung (IKI), Lew Seljony, ist der Planet der einzige Ort, an dem sich die Menschheit in Sicherheit bringen könnte, sollte sich das einmal als notwendig erweisen. Denn der Mars hat auch seine Vorteile: Hier gibt es Wasser und Sauerstoff, wenn auch in nur geringen Mengen. Zudem herrscht hier Gravitation, die etwa die Hälfte der irdischen ausmacht. Deshalb müsste sich hier niemand an die Schwerelosigkeit gewöhnen, wie das bei Raumflügen erforderlich ist.
 
(dapd)