Moskau, 14. März 2022 – Der Chef der GK Roskosmos, Dmitri Rogosin, hat die westlichen ISS-Partner ultimativ aufgefordert, die wegen des Ukraine-Krieges verhängten Sanktionen gegen seine Behörde bis Ende des Monats aufzuheben. Auf der Grundlage dieser Auskunft könne Russland dann endgültig entscheiden, wann es seine Zusammenarbeit mit ihnen in der Internationalen Raumstation beendet, schrieb er am Montag auf seinem Telegram-Kanal.
Zuvor hatte Rogosin bei einem Treffen mit liberalen Duma-Abgeordneten erklärt, dass die Arbeit in der ISS in der gegenwärtigen geopolitischen Atmosphäre nicht effektiv sei. Ihr Weiterbetrieb bis 2030 erfordere kolossale Mittel, ansonsten zerfalle sie.
(c) Gerhard Kowalski
Guten Morgen Herr Kowalski,
bin ich so weit mit meinem Denken weg, dass ich mir vorstellen könnte, dass die ISS irgendwann in nächster Zeit mal „SS Elon Musk“ heißen könnte? Ich glaube, das Szenario der abstürzenden Station ist Wunschgedanke von Rogosin. Man hat ja schon mit Cygnus die Station bewegt.
Schönen Tag und hoffentlich bald wieder Friede
Jürgen Nabel
Meiner Meinung nach muss man die Drohung Rogosins ernst nehmen.
Die USA brauchen die Russen wirklich für die Aufrechterhaltung der ISS. Nur sie haben nicht nur die Frachter, sondern auch die erforderlichen Erfahrungen beim gezielten Absturz von solchen Stationen.
GK
Zitat: Nur sie haben nicht nur die Frachter, sondern auch die erforderlichen Erfahrungen beim gezielten Absturz von solchen Stationen.
Ein kontrollierter Absturz der ISS, die eine Masse von etwa 500 Tonnen hat, ist aus bahnmechanischen und Delta Gründen nicht möglich. Zu Deutsch: Die Progress Raumschiffen mit den sehr begrenzten Treibstoffmengen, wären nicht in der Lage die erforderliche Geschwindigkeit zu geben, um einen kontrollierten Niedergang zu ermöglichen. Die ISS erfordert, verzichte hier auf exakte Berechnungen, deutlich mehr Treibstoff als das bei der MIR Station der Fall war.
Für die MIR Station, die nur eine Masse von 129,7 t hatte, wurde speziell ein Progress-Tanker entwickelt. Der Start des Progress M1-5 (11F615A55 Nr. 254) erfolgte am 24. Januar 2001. Im Gegensatz zu seinen Vorgängern beförderte der Progress M1-5 keine Trockenladung. Er hatte insgesamt: 880,1 kg in die Tanks des Antriebssystems und 1796,5 kg Treibstoff in das Betankungssystem. Für die Deorbitierung und Flutung des MIR-Station war ein zweitägiges Flutungsschema mit vier Impulsen geplant. Bis zum Auslösen des Bremsimpulses musste die Station mit Hilfe des Progress M1-5 in Flugrichtung ausgerichtet werden. Dann wurden drei Impulse gegeben, um es von einer kreisförmigen Umlaufbahn auf eine elliptische Umlaufbahn zu übertragen – 160 x 230 km. Es war ständig erforderlich, die Umlaufbahn so zu verfeinern, dass das Perigäum der Umlaufbahn (der untere Abschnitt) über dem Überschwemmungsgebiet lag. Am Apogäum der MIR erfolgte der letzte Impuls, das den gesamten Treibstoff verbrauchte.
So wurde um 08:07 Uhr der letzte Akt eingeleitet: Alle an Bord des Progress Raumschiffes Triebwerke wurden eingeschaltet, die einen Schub von 393 kg lieferten. Kurz vor dem Verlassen des Horizonts schaltete sich die Treibwerke aus und es folgte das Signal „Havarie SKD“, das bedeutete das es keinen Treibstoff mehr gibt. Die Orientierungstriebwerke arbeiteten noch für weitere 2-3 Minuten bis der Sprit ausging. Der letzte Bremsimpuls betrug 29 m/s und die Station drang in einem etwas höheren Winkel als geplant in die dichten Atmosphärenschichten ein. Um 08:40 erreichte der Komplex eine Höhe von 110 km, gegen 08:50 betrug die Höhe schon 80 km. Es kam zu Trennung der Module, gefolgt von ihrer Zerstörung, und nach weiteren 5 Minuten konnten unverbrannte Fragmente in den Ozean fallen.
Die Gesamtdauer der dynamischen Operationen zu Versenkung der MIR Station betrug rund 29 Stunden und endete am 23 März 2001 um 9 Uhr, danach hat die MIR Station nach 86331 Erdumkreisungen aufgehört zu existieren.
Die dramatische Situation mit der MIR (Mangel an der Finanzierung) wurde durch die Tatsache noch verschärft, dass MIR aufgrund der hohen Dichte der oberen Schichten der Erdatmosphäre unter den Bedingungen des maximalen 11-Jahres-Zyklus der Sonnenaktivität schnell an Höhe verlor ( etwa 500 Meter pro Tag) und gleichzeitig sein unkontrollierter Absturz auf die Erde bereits für Januar 2001 prognostiziert wurde. So eine Station die beim Absturz in mehrere tausend einzelne Fragmente zerfallen kann, von denen einige bis zu 700 kg wiegen und eine kinetische Energie haben, die in der Lage wären, einen Stahlbeton mit 2 Meter dicke zu durchbrechen. Auf Grund der Bahnneigung möchte ich noch hinweisen, dass 5 Milliarden Menschen von 6 Milliarden Erdbewohnern im Gebiet des angeblichen Sturzes leben. Darüber hinaus gibt es hier mehrere tausend gefährliche, von Menschenhand geschaffene technologische Objekte, darunter Atomkraftwerke.
Bahnmechanik: Ein einzelner Progress Raumschiff kann eine Bahn um etwa 55-60 km anheben oder auch senken. Um die MIR Station mit einer Masse von rund 130 t auf 600 km anheben zu können (so eine Variante war in der Diskussion), wären 3-4 Progress Raumschiffe notwendig. Aus diesen einfachen mathematischen Daten sehen wir, das eine ISS Station einen ganz anderen Kaliber hat, hier wären die Progress Raumschiffe zu klein, um die erforderlichen Operationen durchführen zu müssen.
Möchte noch hinzufügen, das eine gezielter Absturz, auch wenn wir die ganzen technischen Voraussetzungen außer acht lassen, auf ein kleines Land oder Stadt kaum möglich ist. Hier versagen selbst die Supercomputer, da es viele Faktoren zu berücksichtigen sind, darunter die Sonnenaktivität, die atmosphärischen Gegebenheiten, die Geometrie der Station usw. Da aber die Ozeane sehr groß sind, sind sie auch die besten Friedhöfe für große Objekte. Ein Vergleich mit Raumschiffen mit ihrer aerodynamischen Steuerung, ist hier nicht gegeben.
Mal sehen, wie die Sache ausgeht.
GK