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Waleri Bykowski

Berlin — Kein russischer Kosmonaut hat so enge Beziehungen zu Deutschland wie Waleri Bykowski. Denn bei zwei seiner drei Raumflüge war der Kosmosveteran, der am 2. August seinen 75. Geburtstag feiert, für die damalige DDR unterwegs: 1976 erprobte er zusammen mit seinem Bordingenieur Wladimir Axjonow die Multispektralkamera MKF-6 aus dem VEB Carl Zeiss Jena. Ihre große Hoffnung, die Kamera für teure Devisen weltweit zu vermarkten, musste die DDR allerdings durch ein „Njet!“ aus Moskau schnell begraben. Zwei Jahre später fungierte Bykowski als Kommandant des „Sojus“-Raumschiffes, mit dem NVA-Oberstleutnant Sigmund Jähn  als erster von inzwischen zehn Deutschen in den Weltraum flog.

Staats- und Parteichef Erich Honecker verlieh beiden Raumfahrern für die „Bekräftigung des irdischen Bruderbundes auch im All“ den Karl-Marx-Orden und den Stern eines „Helden der DDR“, bevor sie sich auf eine von vielen Menschen aufrichtig bejubelte Rundreise durch die Republik begaben. Und der Magistrat von Ostberlin machte die „Sternenbrüder“  zu den Ehrenbürgern Nummer 91 und 92 der Stadt – eine Auszeichnung, auf die Bykowski besonders stolz ist.

Seit dieser Zeit ist der „Kommandant“, wie ihn Jähn respektvoll nennt,  häufiger und gern gesehener Gast zuerst in der DDR und nun im geeinten Deutschland. Das gilt insbesondere für die traditionellen Raumfahrttage in Morgenröthe-Rautenkranz, der vogtländischen Heimat Jähns. D ort schätzt der Russe vor allem die herrliche Berglandschaft, die familiäre Atmosphäre, das Bier aus dem benachbarten Wernesgrün und das gleichnamige Bierfleisch – ein pikantes  Gulasch mit knusprigen Kartoffelpuffern.

Ende der 1980er Jahre war der bekennende Formel 1- und Schumacher-Fan Bykowski sogar für kurze Zeit Direktor des Hauses der sowjetischen Wissenschaft und Kultur in Berlin, bevor er 1990 in den Ruhestand trat. Zu gern hätte er damals die Schirmherrschaft über einen Fan-Club des siebenfachen deutschen Weltmeisters in Russland übernommen. Doch der kam trotz intensiver Bemühungen nicht zu stande. Schumacher bedankte sich aber immerhin mit einem langen Brief und  einem halben Dutzend Autogrammkarten bei dem Russen für dessen Angebot. Jetzt darf der Deutsche nach seinem überraschenden Come-back sicher sein, dass ihm der Kosmonaut, der einst mit sagenhaften 28 000 Stundenkilometern und damit unvergleichlich schneller als jeder Formel-1-Pilot unterwegs war, ihm besonders die Daumen drückt.

2003 hatte es sich Bundespräsident Johannes Rau nicht nehmen lassen, Jähn und Bykowski in Morgenröthe-Rautenkranz auf einer großen Gala  persönlich zum 25. Jahrestag ihres gemeinsamen Fluges zu beglückwünschen. Mit Ulf Merbold war auch der erste bundesdeutsche Astronaut dabei, der damals das  20. Jubiläum seines ersten von drei Flügen beging. Auch ihren 30.  Jahrestag haben Jähn und Bykowski hier im vergangenen Jahr gebührend gefeiert, diesmal schon in den Räumlichkeiten der neuen Raumfahrtausstellung, die zu den bedeutendsten und interessantesten in Deutschland und darüber hinaus gehört.

Schon bevor er zum „DDR-Kommandanten“ wurde, hatte Bykowski  Weltraumgeschichte geschrieben. 1963 flog er als fünfter sowjetischer Kosmonaut ins All. Mit knapp fünf Tagen stellte er dabei einen Langzeitflugrekord für die „Wostok“-Kapseln auf. Zugleich absolvierte er mit Walentina Tereschkowa den ersten Gruppenflug mit einer Kosmonautin.  Dabei kam es zu ein er Premiere der besonderen Art in der noch jungen bemannten Raumfahrt. Bykowski meldete der Bodenstation, er habe „Stuhlgang“ – russisch:  stul –  gehabt.  Auf der Erde verstand man jedoch „stuk“, was so viel wie „Stoß“ oder „Klopfen“ heißt. Deshalb erkundigte man sich, wo das denn aufgetreten sei.

Bykowski bemerkte schnell das sprachliche Missverständnis und machte dann mit einem kindlichen „kaka“ klar, worum es wirklich ging. Ein befreiender Lacher be endete den ungewöhnlichen Dialog. Denn niemand hatte mit dem menschlichen Bedürfnis des Kosmonauten  gerechnet, sondern eher an einen verklausulierten Hinweis auf ein technisches Problems gedacht, wie das damals aus Geheimhaltungsgründen im Funkverkehr zwischen Erde und Orbit üblich war.

(Veröffentlicht am 31. Juli  2009)