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Credit: NASA
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Berlin, 30. Oktober 2010 — Die Internationale Raumstation ISS feiert am Dienstag (2. November) ein denkwürdiges Jubiläum: Der kosmische Außenposten der Menschheit umkreist an diesem Tag genau zehn Jahre lang ohne Unterbrechung bemannt unseren blauen Planeten. Als Gemeinschaftswerk der USA, Russlands, Europas/ESA, Japans und Kanadas  verkörpert die Station beispielhaft den Übergang vom Kalten Krieg zur internationalen Zusammenarbeit in Wissenschaft und Forschung auch im All.

 
Getrübt wird die Festtagslaune jedoch durch die Einstellung des Shuttle-Propramms Anfang nächsten Jahres. Damit lastet der Personenverkehr zwischen Erde und ISS auf nicht absehbare Zeit allein auf den Schultern der Russen. Eine ähnliche Situation hat es bisher nur bei der dreijährigen Shuttle-Zwangspause nach der „Columbia“-Katastrophe von 2003 gegeben.
 
Am 2. November 2000 waren US-Astronaut William Shepherd und seine russischen Kosmonauten-Kollegen Sergej Krikaljow und Juri Gidsenko als erste Stammbesatzung an Bord gegangen, um den Auf- und Ausbau des Stationstorsos, der damals aus nur drei Modulen bestand, voranzutreiben und die Forschungsarbeit in Gang zu setzen. Inzwischen tut hier schon die 25. Langzeitcrew in geplanter Soll-Stärke von sechs Mitgliedern Dienst – drei Russen und drei US-Amerikaner.
 
An der Schwelle zur zweiten Dekade ist die 100 Milliarden Euro teure Station bis auf einige kleinere russische Bauteile fertig. Aus dem „primitiven“ Anfangskomplex sei inzwischen eine „Stadt am Himmel“ geworden, freut sich Shepherd rückblickend. 13 Module und andere hochkomplizierte Hardware aus den 15 Partnerstaaten fügen sich zu einem 420 Tonnen schweren technischen Wunderwerk, das nicht zu unrecht als die „Pyramiden des 21. Jahrhunderts“ apostophiert wird. Die Europäer sind mit dem Forschungslabor „Columbus“ und dem Versorgungsraumschiff ATV (Automated Transfer Vehicle) als ihre Hauptbeiträge dabei.
 
196 Raumfahrer (Stand: 29. Oktober), darunter 30 Frauen, haben bisher in der Station gelebt, gearbeitet und geforscht. Mit 136 Astronauten stellen die USA das Gros, gefolgt von Russland (31), Kanada (7) und Japan (5). Deutschland liegt mit zwei Astronauten auf Platz 6 der Rangliste. 2006 führte Thomas Reiter als erster europäischer Langzeitflieger hier über 30 wissenschaftliche Experimente durch, zwei Jahre später brachte Hans Schlegel das bei Astrium in Bremen gebaute
„Columbus“-Modul auf die Umlaufbahn.
 
Auch die wissenschaftliche Ausbeute Deutschlands kann sich sehen lassen. Fast 100 der insgesamt gut 600 Experimente, die bisher in der Station durchgeführt wurden, kommen von hier oder entstanden mit deutscher Beteiligung, wie der Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Johann-Dietrich Wörner, der Nachrichtenagentur dapd sagte. Immer mehr Unternehmen auch außerhalb der Raumfahrtbranche reichen Projekte ein.
 
Die ISS-Partner sind sich im Prinzip einig, die Station zumindest noch bis 2020 weiterzuführen. Das eröffnet große Perspektiven für die langfristige Forschungsarbeit. Wegen der noch ausstehenden Abstimmung zwischen den ESA-Mitgliedern konnte der Verlängerungsvertrag allerdings bisher nicht unterzeichnet werden. Auch der gemeinsame Fahrplan für die kommenden zehn Jahre steht noch nicht fest. Sicher ist nur, dass alle Partner große Hoffnungen in eine effektivere Nutzung des wissenschaftlichen Potentials dieses großartigen Orbitallabors setzen.
 
Für Wörner ist die ISS vor allem eine Zwischenstation auf dem weiteren Weg ins All. In den nächsten Jahren werde sich entscheiden, wohin die Reise gehe, sagte der Vorstandsvorsitzende. Dabei werde Deutschland eine „entscheidende Rolle“ spielen – bei der Weiterentwicklung des ATV, dessen Nummer zwei „Johannes Kepler“  Mitte Februar zur Station fliegt, und beim Entwurf und der Umsetzung neuer Programme für die bemannte Exploration.
(für dapd)