Berlin/Moskau — Schokolade soll jetzt ihre Glückshormone auch im Dienste der Raumfahrt entfalten. Denn der russische Kosmonaut Roman Romanenko darf sich zu seinem 38. Geburtstag, den er am 9. August in der Internationalen Raumstation ISS begeht, auf eine offiziell verordnete Sonderration freuen. Gleich drei Schachteln Schokoladenkonfekt sind speziell für das jüngste der sechs ISS-Besatzungsmitglieder an Bord des Weltraumfrachters „Progress M-67“, der am Mittwoch mit 2,5 Tonnen Nachschub an der Station angedockt hat. Sie wurden von der Gruppe für „psychologische Unterstützung“ des Moskauer Instituts für Medizinisch-Biologische Probleme (IMBP) als süßer Gruß auf die Umlaufbahn geschickt, um den Benjamin bei Laune zu halten. Zudem & nbsp;soll eine eigens nach seinen Wünschen zusammengestellte Musik-CD Romanenkos Stimmung heben.
Die Leiterin der Gruppe, Olga Koserenko, verriet Journalisten auch den edlen Spender der Schokolade. Es handelt sich dabei um die Konditorwarenfabrik mit dem Retronamen „Krasnyj Oktjabr“ – zu Deutsch „Roter Oktober“. Der Süßwarenproduzent erfreut sich neben seinem nicht minder revolutionär klingenden Konkurrenten „Rot Front“ großer Beliebtheit bei den russischen Naschkatzen.
Das IMBP verfügt über jahrzehntelange Erfahrungen mit der psychologischen Unterstützung der Kosmonauten auf der Umlaufbahn, die sich speziell mit Beginn der Langzeitflüge in den „Salut“-Raumstationen erforderlich machte. In den Anfangsjahren holte man überwiegend bekannte Literaten, Schauspieler, Musiker und auch schon mal Clowns in das Flugleitzentrum vor den Toren Moskaus, um die gestressten Männer rund 350 Kilometer über der Erde per Funk mit ausgesuchten Programmen zu erfreuen und aufzuheitern. Natürlich standen stets auch Fachleute als individuelle Ansprechpartner zur Verfügung, wenn die Stimmung mal auf den Nullpunkt zu sinken drohte oder es gar handfesten Streit an Bord gab.
Im Laufe der Jahre wurde die Betreuung immer mehr verfeinert. So kam die sogenannte Kosmovision hinzu, bei der sich die Gesprächspartner auch sehen konnten. Außerdem wurden umfangreiche Bordbibliotheken und -videotheken eingerichtet, die auf die speziellen Wünsche der Kosmonauten ausgerichtet waren, und Zeitungsschauen beziehungsweise Berichte über ausgewählte Sportereignisse nach oben geschickt. Der normale TV-Empfang ist nämlich selbst jetzt in der ISS noch nicht möglich.
Heute spielt das Internet bei der Kommunikation mit der Bodenstation und auch mit den Li eben daheim die Hauptrolle. Jede Astronautin und jede Astronaut kann praktisch rund um die Uhr auf dem offiziellen Dienstkanal eine E-Mail nach Hause schicken. Zu besonderen Anlässen werden auch Privatkanäle für längere Gespräche mit den Familien geschaltet.
Natürlich haben Romanenko, sein Landsmann Gennadi Padalka sowie ihre Astronauten-Kollegen Michael Barratt und Tim Kopra (USA), Robert Thirsk (Kanada) und Frank de Winne (ESA/Belgien) mit dem Frachter auch noch persönliche Post und Päckchen erhalten, in denen sicher auch Süßigkeiten nicht fehlen. Die Grüße aus der Heimat werden den Männern sicher gut tun, die arbeitsreiche Tage mit ihren sieben Kollegen von der Raumfähre „Endeavour“ hinter sich haben. Zudem ist das Problem mit dem Luftreinigungssystem im US-Segment noch nicht gelöst. Die Ingenieure grübeln immer noch über die Ursachen des Ausfalls nach. Solange die nicht gefunden sind, muss das an sich automatische System von der Erde handgesteuert werden.
Das Angebot der IMBP-Psychologen, ihm neue Film-DVDs mitzuschicken, habe das Sextett indes dankend abg elehnt, sagte Olga Koserenko. Die Bordvideothek sei bestens mit Dokum entar- und Spielfilmen bestückt, hätten die Männer mitgeteilt. Die knapp bemessene Freizeit habe bisher nicht einmal ausgereicht, um sich „auch nur einen Bruchteil“ davon anzuschauen. Allerdings bat die internationale Truppe um die jüngsten Ausgaben von Raumfahrtzeitschriften wie „Rossijskij Kosmos“ und „Nowosti Kosmonawtiki“, um zu sehen, was denn über sie so alles geschrieben wird.
(Veröffentlicht am 29. Juli 2009)