Berlin/Cape Canaveral — In perfekter Arbeitsteilung hat die multinationale 13-köpfige Besatzung der Internationalen Raumstation ISS in der Nacht zum Sonntag mit der Montage einer Außenplattform das japanische Forschungsmodul KIBO fertiggestellt. Den Weg dafür machten die „Endeavour“-Astronauten Dave Wolf und Tim Kopra (beide USA) in einem rund fünfeinhalbstündigen Außenbordeinsatz frei, wie die Luft- und Raumfahrbehörde NASA mitteilte. Sie hatten die Station um 18.19 Uhr deutscher Zeit verlassen und waren um 23.51 Uhr – eine Stunde früher als geplant – wieder in sie zurückgekehrt.
Wolf und Kopra bereiteten in dieser Zeit das KIBO-Modul auf die Umsetzung der Plattform vor. Sie entfernten Abdeckungen, lösten Kabel und schufen somit „Baufreiheit“ für die Montage, die nach ihrem „Weltraumspaziergang“ dann von ihren Mannschaftskollegen vorgenommen wurde. Dabei kamen gleich drei Roboterarme zum Einsatz. Shuttle-Kommandant Mark Polansky (USA) und Missionsspezialistin Julie Payette (Kanada) hievten das rund vier Tonnen schwere Element aus der Ladebucht der Fähre und übergaben es an den ISS-Manipulator, der von Doug Hurley (USA) und Koichi Wakata (Japan) bedient wurde. Sie manövrierten das Teil dann an seinen vorgesehenen Platz. Das komplizierte Manöver, das viel Fingerspitzengefühl erforderte, wurde mit Kameras am KIBO-Roboterarm überwacht.
Bei den n chsten geplanten vier Ausstiegen müssen nur noch alle Kabel- und anderen Verbindungen hergestellt werden. Dann ist die Plattform für die Aufnahme von wissenschaftlichen Experimenten und Apparaturen bereit, die den harten Bedingungen des freien Weltraums ausgesetzt werden.
Wolf und Kopra montierten zudem eine sogenannte Stauplattform an der Station. Die Ablage für Werkzeuge sollte eigentlich schon von der vorhergehenden Shuttle-Besatzung im März angebracht werden. Doch durch einen verklemmten Bolzen musste das verschoben werden. Mit Hilfe eines Spezialwerkzeugs entfernten die Männer nun den störrischen Bolzen, so dass die Stauplattform ordnungsgemäß montiert werden konnte.
Der sonntägliche Arbeitstag der ISS-Crew begann um 12.33 Uhr deutscher Zeit. Dabei wurde Christopher Cassidy von der Bodenstation mit einem speziellen Song geweckt. Der 39-jährige Kosmosneuling, der bis 2004 als Angehöriger einer Spezialtruppe der US-Marine unter anderem in Afghanistan gekämpft hat, ist nämlich der 500. Mensch im All. Er war vor dem Start von der „Endeavour“-Besatzung mit ihren vier Neulingen einstimmig für diese Ehrung ausgewählt worden. Die Astronauten setzten im Laufe des Tages einen Lastencontainer aus der Shuttle-Bucht an die ISS um und führten Reparaturarbeiten aus. Zudem bereiteten sich Dave Wolf und Tom Marshburn auf den zweiten Ausstieg am Montagabend deutscher Zeit vor.
Die „Endeavour“ hatte am Freitagabend an der Station angedockt und war von der sechsköpfigen 20. ISS-Stammbesatzung unter Kommadant Gennadi Padalka (Russland) herzlich begrüßt worden. Damit bildeten erstmals 13 Raumfahrer und zugleich Vertreter aller ISS-Partner – USA, Russland, Japan, Kanada und ESA/Europa – eine gemeinsame Crew. Seit 1995 waren zwar schon fünfmal jeweils 13 Astronauten und Kosmonauten gleichzeitig im All unterwegs, aber nie zusammen in der russischen Raumstation MIR oder später dann in der ISS.
Eine der ersten Amtshandlungen nach der Begrüßung bestand in der Übergabe der Aufgaben von Bordingenieur Wakata an seinen amerikanischen Kollegen Kopra. Wakata, der seit März auf der Umlaufbahn ist, kehrt am 1. August mit der „Endeavour“ wieder zur Erde zurück.
Nach eingehender Untersuchung hat die NASA inzwischen mitgeteilt, dass der sicheren Landung der Fähre nichts mehr im Wege steht. Der Hitzeschild weise nur unbedeutende Schrammen auf, die beim Start am Donnerstagmorgen durch acht oder neun kleine Stücke Eis oder Isolierschaum verursacht worden seien.
Veröffentlicht am 19. Juli 2009)