Baikonur, 8. Oktober 2010 —
Die Space Shuttles der Amerikaner gehen und das neue digitale Raumschiff der Russen kommt. Mit dem Start von „Sojus TMA-01M“ zur Internationalen Raumstation ISS in der Nacht zum Freitag will Moskau die neue Ära nach den US-Raumfähren einläuten, die im Februar kommenden Jahres nach dann 30 Jahren aus Geld- und Effektivitätsgründen eingemottet werden.Unter dem Motto „learning by flying“ sollen zwei russische Kosmonauten und ein amerikanischer Astronaut die nunmehr fünfte und wohl auch letzte Version der legendären „Sojus“-Flotte, die schon seit 1967 zuverlässig Dienst tut, auf Herz und Nieren prüfen. „Wir werden alle zusammen den Schöpfern des Raumschiffes helfen, ihm das Fliegen beizubringen“, versprach Kommandant Alexander Kaleri auf dem Kosmodrom im kasachischen Baikonur und fügte hinzu: „Unsere Besatzung muss die Vorbereitungen für die Nach-Shuttle-Ära treffen.“
Man darf den 54-Jährigen ruhig beim Wort nehmen. Denn Kaleri ist mit vier Flügen und 610 All-Tagen nicht nur einer der erfahrensten russischen Kosmonauten. Als Chef des Wissenschaftlich-Technischen Zentrums des „Sojus“-Herstellers „Energija“ kennt er natürlich auch die neuen digitalen Schiffe in- und auswendig. Mit seinem Firmenkollegen Oleg Skripotschka und dem US-Astronauten Scott Kelly hat er zusätzlichen Sachverstand an Bord.
Zum Testprogramm gehören die Funktionsprüfung aller Bordsysteme im Normal- und Havariefall, eine handgesteuerte Umrundung der ISS sowie die Durchführung von Bahnmanövern mit den Annäherungs- und Orientierungstriebwerken. Die Tests seien allerdings nicht mit einem Flug abgeschlossen, gab Kaleri zu bedenken. Immerhin sind 36 alte analoge Systeme des „TMA“-Vorgängers durch 19 neue digitale ersetzt worden. Einige davon, so die Steuerung, sind zwar schon auf den automatischen „Progress“-Frachtern erprobt worden, aber eben im unbemannten Betrieb. Deshalb soll es im Mai nächsten Jahres einen zweiten bemannten Test und im November eine Art Zertifizierungsflug geben, bevor die digitalen Schiffe den Personentransport zur ISS voll übernehmen.
Kaleri war nach dem monatelangen intensiven Training sehr angetan von den technischen Neuerungen. Die Bedienung der modernisierten Kapsel sei in dem meisten Fällen „bequemer“, es gebe allerdings auch noch „einige Unebenheiten“, urteilte er. „Doch wir Testpiloten sind ja dafür da, diese neue Technik zu vervollkommnen.“
Skripotschka ist ebenfalls zuversichtlich, dass beim Test alles gut geht. „Wir haben einen erfahrenen Kommandanten, und die Besatzung ist auf alle Eventualitäten vorbereitet, die, so hoffe ich, nicht eintreten werden“, betonte der Weltraumneuling.
Kelly, der schon zweimal mit einem Shuttle unterwegs war, bekannte, sein nunmehr dritter Flug sei für ihn eine „neue Erfahrung“. Shuttle und „Sojus“ seien „unterschiedliche Maschinen“, von denen aber jede ihre Vorteile habe. Kaleri und er ähnelten sich vom Temperament her: „Wir arbeiten konzentriert und ruhig“, versicherte der Kapitänleutnant der US-Navy.
(für dapd)