Berlin, 3. August 2010 — Er hat die Amerikaner vom Sputnik- und Gagarin-Schock erlöst und als erster Mensch auf dem Mond seinem Land die Führungsrolle in der Raumfahrt gesichert: Neil Armstrong. Doch seinen 80. Geburtstag am 5. August kann der hochdekorierte Nationalheld nicht fröhlich und unbeschwert feiern. Ihn treibt die Sorge um die noch unabsehbaren Folgen der Einstellung des Shuttle- und auch des Folgeprogramms „Constellation“ für sein Land um.
�
Entgegen seinen Gepflogenheiten übt Armstrong, der sehr zurückgezogen auf seiner Farm in Ohoi lebt, heftige Kritik an dieser Entscheidung. In einem von ihm maßgeblich mit initiierten Offenen Brief an Präsident Barack Obama heißt es , die Unterzeichner seien “sehr beunruhigt” darüber, dass die USA “ihre hart errungene globale Führung in der Raumfahrttechnologie an andere Nationen abtreten”. Die bemannte Raumfahrt, die ganze Generationen stolz gemacht und inspiriert habe, versinke damit in der “Mittelmäßigkeit”. Zudem würden dadurch auch Sicherheitsrisiken heraufbeschworen.
�
41 Jahre nach seiner historischen Landung auf dem Erdtrabanten vom 21. Juli 1969 sieht sich Armstrong gewissermaßen auch persönlich um die Früchte seiner Arbeit betrogen. Denn er hatte damals die erfolgreiche „Apollo 11“-Mission mit seinen Astronauten-Kollegen Buzz Aldrin und Michael Collins als den Beginn eines „neuen Zeitalters“ gewertet, in dem die USA nie wieder den Russen nachstehen wollten.
�
Ausgerechnet am Vorabend des 50. Jahrestages des Fluges des russischen Bauernjungen Juri Gagarin vom 12. April 1961, mit dem die Ära der bemannten Raumfahrt begann, soll nun im Februar nächsten Jahres die letzte Shuttle-Mission stattfinden. Danach sind die Amerikaner bei der Internationalen Raumstation ISS auf die Taxi-Dienste der Russen angewiesen. Nachdem auch der Shuttle-Nachfolger „Orion“ dem Rotstrich zum Opfer gefallen ist, setzen die USA jetzt voll auf die Privatwirtschaft. Doch wann diese dafür sorgt, dass wieder ein Amerikaner mit einem eigenen Raumschiff ins All fliegen kann, vermag derzeit niemand zu sagen. Der Boeing-Konzern verspricht für frühestens 2015 eine Lösung. Um die Lücke nicht allzu groß werden zu lassen, kämpft Armstrong jetzt vehement für die Verlängerung des Shuttle-Programms um zumindest einen weiteren Flug.
�
Der US-Mondpionier ist Gagarin nie persönlich begegnet. Denn der war schon 1968 bei einem Flugzeugabsturz unter bis heute nicht genau geklärten Umständen ums Leben gekommen. Dennoch hat er ihm seine uneingeschränkte Reverenz erwiesen. „Er hat uns alle in den Weltraum gerufen“, sagte Armstrong bei einem Besuch in der damaligen Sowjetunion über seinen großen Antipoden. Die Russen fühlen sich bis heute durch diese Worte geadelt. Sie sind mehr als ein Trostpflaster für den sang- und klanglos verlorenen Wettlauf mit den Amerikanern um den Mond. Dem Kreml war das damals so peinlich, dass er sogar lange Zeit abstritt, jemals ein bemanntes Mondprogramm aufgelegt zu haben.
�
(für ddp)