Nach dem ersten Flug ihres Mannes Oleg (23. 10. 2012 – 16. 3. 2013) hatte die Journalistin Julija Nowizkaja erstmals in der Geschichte der russisch-sowjetischen Raumfahrt ein sehr persönlich gehaltenes Tagebuch veröffentlicht (siehe dazu meine Rezension vom 17. März 2014). Nunmehr liegt die Fortsetzung über den zweiten Flug (17. 11. 2016 – 2. 6. 2017) vor.
Die Eintragungen beginnen am 24. Oktober 2016 und enden am 24. Juni 2017 und beruhen auf dem Blog, den die Journalistin zu meinem großen Erstaunen auf der Homepage der Staatlichen Korporation (GK) Roskosmos führen durfte. Gespickt sind sie mit einer Fülle von aktuellen Fotos ihres Mannes in der Internationalen Raumstation ISS und dem heimischen Familienalbum. Herausgekommen ist dabei quasi eine bebilderte Privatchronik der 196-Tage-Mission, die in ihren Details weit über das hinausgeht, was offiziell darüber von der GK Roskosmos und den Medien mitgeteilt wurde.
Für Kenner – und nicht nur für die – eröffnet sich also auf 175 Seiten erneut eine Fundgrube mit hoch interessanten Fakten über die Arbeit und das Leben an Bord, die man sonst nirgendwo findet, sowie über das Privatleben der Familie, die so lange auf den Vater verzichten musste. Die physische Abwesenheit des Ehemanns und Vaters von drei Töchter zwischen 22 und gut 2,5 Jahren wird aber durch die modernen Medien in hohem Grade kompensiert. Es ist schon erstaunlich, wie oft der Kosmonaut trotz seines angeblich so scharf durchgetakteten Tagesprogramms mit seiner Familie in Wort, Bild und Film kommunizieren kann. All das wird ausführlich dokumentiert. Nur die sogenannten Privatkas, die regelmäßigen abgeschotteten ausführlichen Familienbegegnungen per Videobrücke, sind davon ausgenommen.
In dem reich bebilderten Buch erfährt der staunende Leser auch schon mal beiläufig, dass der Kosmonaut, der diesmal mit dem französischen ESA-Astronauten Thomas Pesquet und der US-Kollegin Peggy Whitson unterwegs war, seinen Dienstplan nach Hause gemailt hat.
Eine besondere Rolle spielt auch diesmal wieder Oleg Nowizkis Geburtsland Belarus, das ihn ausführlich als nationalen Helden feiert. So wird denn auch schon mal eine Grußbotschaft von Präsident Alexander Lukaschenko im Wortlaut veröffentlicht und im Detail beschrieben, wie sich dessen Botschafter in Moskau um den Landsmann kümmert. Er gab dem Kosmonauten auch eine belorussische Fahne mit auf den Weg, die dieser dann stolz im Weltraum präsentierte.
Ob es für den Kosmonauten einen dritten Flug geben wird, den er sich so sehnlich wünscht, wie seine Frau verrät, steht noch nicht fest . Er hofft aber, dass er den nächsten Gesundheitstest, der Anfang kommenden Jahres stattfindet, besteht.
Wer das interessante Buch lesen will, muss allerdings des Russischen mächtig sein. Eine deutsche Übersetzung wird es wohl nicht geben.
Das Buch erschien 2018 in Minsk in der Reihe Mastazkaja litaratura
ISBN: 978-985-02-1822-3
© Gerhard Kowalski