Berlin/Baikonur — Das von Heimkindern entworfene Logo mit einem geflügelten Erdenbürger, der seine Hände der ISS entgegenstreckt, und den sechs Sternen im Hintergrund symbolisiert treffend die Mission des internationalen Trios, das am Mittwochmittag mit dem russischen Raumschiff „Sojus TMA-15“ vom Kosmodrom Baikonur (Kasachstan) gestartet ist. Denn der Russe Roman Romanenko, der Belgier Frank de Winne20und der Kanadier Robert Thirsk sind unterwegs zur Internationalen Raumstation, um ab Freitag mit ihren dort seit März arbeitenden Kollegen Gennadi Padalka (Russland), Michael Barratt (USA) und Koichi Wakata (Japan) die erste sechsköpfige Stammbesatzung zu bilden. Elf Jahre nach Baubeginn am größten Technologieprojekt der Menschheitsgeschichte erreicht damit die Crew, der symbolisch Vertreter aller ISS-Partner angehören, ihre geplante Soll-Stärke.
De Winne vertritt dabei die Europäische Weltraumorganisation ESA. Der 48-jährige Belgier bringt für die neue Phase der ISS-Nutzung, die besonders durch verstärkte Forschungsarbeit gekennzeichnet sein wird, die besten Voraussetzungen mit. Denn er war im Oktober/November 2002 schon einmal für eine gute Woche in der Station. Als Bordingenieur sorgte er dafür, dass das neue modifizierte Raumschiff „Sojus TMA-1“ wohlbehalten zur ISS gebracht und der letzte Vorgänger „Sojus TM-34“ dann sicher zur Erde zurückgeführt wurde. Daneben arbeitete de Winne noch ein umfangreiches Forschungsprogramm ab.
Auch diesmal hat der Vater dreier Kinder für seine 180-Tage-Mission neben seinen Aufgaben als ISS-Bordingenieur, wo er unter a nderem für die Bedienung des Roboterarms zuständig ist, wieder viele wissenschaftliche Aufträge im Gepäck. Im Rahmen des „OasISS“-Programms – der Name spielt auf die Raumstation als Oase für menschliche Forschungen an – führt er zahlreiche Experimente durch, die von Wissenschaftlern aus Europa und der ganzen Welt vorbereitet wurden. Außerdem stehen technologische Demonstrationen bei Live-Schaltungen in Schulen und andere Bildungsaufgaben auf dem Plan. Im Oktober erwartet den Belgier eine besondere Ehre. Als erster ESA-Astronaut übernimmt er das Kommando in der Station, bevor er Anfang November mit „Sojus TMA-15“ wieder nach Hause kommt.
Probleme befürchte er an Bord nicht, sagte de Winne vor dem Start. Trotz unterschiedlicher Herkunft. Sprache und Kulturen werde man „geschlossen am gemeinsamen Ziel“ arbeiten. „Das Einzige wäre, dass einem irgendwelche Sachen abhanden kommen könnten, weil da oben alles schwebt.“
Eine Schrecksekunde gab es aber noch auf der Erde. Denn ein belgischer Journalist zog sich in Baikonur eine schwere Erkältung zu. Die russischen Behörden wiesen ihn deshalb vorsorglich sofort in ein Krankenhaus ein, um ihn zu isolieren und auszuschließen, dass es sich um die gefürchtete Schweinegrippe handelte. Denn sollte ein solcher Virus im Umfeld der Astronauten kursieren, könnte das verheerende Folgen haben. Allerdings hatten die Ärzte auch schon vorher besondere Schutzmaßnahmen für die Astronauten ergriffen. Zum Glück erwies sich die Erkrankung des Journalisten als harmlos. So konnte Entwarnung gegeben werden.
In der rund zehnminütigen Aufstiegsphase sicherte eine ganze Armee von Rettungskräften den Flug von „Sojus TMA-15“ ab. Entlang der Trasse, d ie von Baikonur in Richtung Südosten führte, waren 16 Flugzeuge und 14 Hubschrauber stationiert. Im Japanischen Meer kreuzte zudem das Rettungsschiff „Maschuk“. Für den Fall, dass die Mission vor Erreichen der Umlaufbahn abgebrochen werden musste, hatte man zwölf Ausweichplätze für die Fallschirmlandung auch außerhalb Russlands und Kasachstans ins Auge gefasst. Doch die wurden nicht gebraucht. Mit gewohnter Zuverlässigkeit brachte die „Sojus“-Trägerakete das Raumschiff auf seine Umlaufbahn. „Alles normal. Wir gratulieren zum erfolgreichen Beginn der Mission“, funkte das Flugleitzentrum an das Trio.
(Veröffentlicht am 27. Mai 2009)