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Credit: B. Tiedt
Credit: G. Kowalski

Berlin,  19. Mai 2018 —   Dem ersten Deutschen im All,  Sigmund Jähn,  wurde in dieser Woche eine spezielle Ehrung zuteil. Die Leibniz-Sozietät der Wissenschaften (LS) und das Leibniz-Institut für interdisziplinäre Studien (LIFIS) widmeten dem bevorstehenden 40. Jahrestag seines Raumfluges mit dem sowjetischen Kosmonauten Waleri Bykowski (26. 8. – 3. 9. 1978) eine zweitägige Wissenschaftliche Konferenz unter dem Motto Menschen im Weltraum.

LS-Präsident Prof. Gerhard Banse konnte dazu im Berliner Leibniz-Gymnasium führende Vertreter der Europäischen Weltraumorganisation ESA und des Deutschen Zentrums für Luft-  und Raumfahrt (DLR) sowie namhafte Wissenschaftler begrüßen. Die Grüße des Regierenden Bürgermeisters von Berlin,  Michael Müller,  überbrachte die Abteilungsleiterin für Forschung der Senatskanzlei,  Jutta Koch-Unterseher.

Den Vortragsmarathon eröffnete der Jubilar selbst mit sehr persönlichen Reflexionen über seine Mission,  die die DDR zum fünften Land der Welt mit einem Kosmonauten und ihn zum 90. Menschen im All machte. Das Hauptthema war dabei die Multispektralkamera MKF-6 aus Jena,  mit der sich der inzwischen nicht mehr existierende Staat in das Interkosmos-Programm der UdSSR und ihrer Verbündeten eingekauft hatte. Zudem überraschte Jähn mit dem schriftlichen Beweis,  dass eigentlich nicht er,  sondern einer seiner NVA-Genossen erster Deutscher auf der Umlaufbahn sein sollte. Der heutige Jubilar rangierte auf der Vorschlagsliste an Erich Honecker lediglich auf Platz 3 vor seinem Double Eberhard Köllner,  der ebenfalls an der Veranstaltung teilnahm. Doch dann hatten die Sowjets das letzte Wort.

Der ESA-Koordinator Internationale Agenturen und Berater von Generaldirektor Johann-Dietrich Wörner,  Thomas Reiter,  erinnerte daran,  dass mit Jähn die bemannte deutsche Raumfahrt begonnen hat. Aufbauend auf seinem Flug sei inzwischen mit Alexander Gerst,  der am 6. Juni zum zweiten Mal zur Internationalen Raumstation ISS startet,  bereits die dritte Astronautengeneration unterwegs. Er erinnere sich voller Dankbarkeit,  wie Jähn ihm nach der Wende in seiner Eigenschaft als Berater des DLR und der ESA im Sternenstädtchen bei Moskau geholfen habe,  sich auf seinen ersten Langzeitflug in der russischen MIR-Station vorzubereiten,  sagte Reiter. Er bezeichnete die enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit von 15 Nationen in der ISS angesichts der vielen Konflikte auf der Erde als beispielgebend.

Die DLR-Vorstandsvorsitzende Prof. Pascale Ehrenfreund informierte das Auditorium in einer temperamentvollen Präsentation über den derzeitigen Stand der Suche nach Leben im Universum. Deutschland trage derzeit mit zahlreichen wissenschaftlichen Geräten maßgeblich zum Erfolg viele internationaler robotischer Missionen bei,  so zum Mars oder zum Kometen Tschurjumow-Gerassimenko. Am Rande der Veranstaltung trafen Sigmund Jähn und Pascale Ehrenfreund zusammen. In einem kurzen Gespräch äußerte sich Ehrenfreund anerkennend über die selbst noch aus heutiger Sicht sehr guten wissenschaftlichen Ergebnisse der Mission Jähns. Der Beitrag zur Entwicklung der Erdbeobachtung fand dabei besondere Erwähnung.

Warum Jähns Double Eberhard Köllner damals nicht auch einen Flug bekommen hat,  wusste Prof. Heinz Kautzleben zu berichten,  der führend am Interkosmos-Programm mitgewirkt hat. Der DDR hätten sieben Millionen Dollar gefehlt,  die die Sowjets damals dafür forderten,  sagte er. Allerdings habe die Mitwirkung im Rahmen von Interkosmos die DDR gezwungen,  eigene Raumfahrtkapazitäten zu entwickeln,  die sie dann in das geeinte Deutschland mitbrachte.

Zudem referierten weitere Wissenschaftler unter anderem zu den Themen Menschen im Weltraum –  eine alte Vision,  Weltraummedizin und Raumfahrt als Kulturaufgabe.

© Gerhard Kowalski