Cape Canaveral, 6. Februar 2018 — Da kann der Raumfahrtpionier Russland nur fassungslos zusehen: Der private US-Raumfahrtkonzern SpaceX hat am Dienstagabend deutscher Zeit seine superschwere Trägerrakete Falcon Heavy erfolgreich gestartet. Der fast 64 Meter hohe und 1.412 Tonnen schwere Koloss hob um 21.45 Uhr – und damit wegen starken Windes zwei Stunden und 15 Minuten später als geplant – auf dem Weltraumbahnhof Cape Canaveral (Florida) vom historischen Startkomplex 39A ab und nahm mit einem korallenroten Tesla-Roadster unter der Nutzlastverkleidung Kurs auf den Mars.
Tesla- und SpaceX-Chef Elon Musk hatte zuvor die Erfolgschancen noch mit fifty-fifty beziffert. Er befürchtete vor allem, dass die beiden Seitenbooster negativ aufeinander einwirken, was zu einem Versagen führen könnte. Doch nun lief alles erstaunlich glatt.
Der Kontrast könnte krasser nicht sein: Erst vor ganz wenigen Tagen hatte Präsident Wladimir Putin Grünes Licht für den Bau einer eigenen solchen Rakete für künftige Mond- und Marsflüge gegeben, die im geltenden russischen Raumfahrtprogramm für die Jahre 2016 bis 2015 nicht einmal erwähnt wird. Erst Ende kommenden Jahres soll für sie das Skizzenprojekt fertig sein, und ab 2020 beginnt dann der Bau des Trägers und der dazu erforderlichen Startrampe in Wostotschny im Amur-Gebiet. Wenn alles gut geht, findet der erste Testflug frühestens 2027 statt.
Dabei hatte die damalige Sowjetunion schon eine solche Rakete, die 96 Tonnen in einen erdnahen Orbit bringen konnte – die Energija. Sie wurde 1987/88 nur zweimal eingesetzt, einmal mit einer Laserkampfstation und dann beim ersten und letzten Flug des Shuttles Buran. Danach fehlten der zerfallenden UdSSR das Geld und auch die Nutzlasten.
Die zweistufige Falcon Heavy kann fast 64 Tonnen in den erdnahen Orbit hieven. Das ist doppelt so viel wie der derzeitige NASA-Konkurrent Delta IV und mehr als das Gewicht einer vollbetankten Boeing 747 mit Passagieren, Crew und Gepäck.
Doch damit nicht genug. Die drei Booster der Erststufe mit ihren 27 Triebwerken kehrten, nachdem sie ausgebrannt waren, auf die Erde zurück – zwei nach Cape Canaveral und eine auf eine schwimmende Plattform im Atlantik. Das sorgt mit dafür, dass die Startkosten erheblich gesenkt werden. Übrigens waren zwei der drei Stufen schon einmal unterwegs – im Mai und August 2016. Auch davon können die Russen derzeit nur träumen, obwohl ihre Ingenieure gewiss nicht dümmer als ihre US-Kollegen sind. Aber die desolate Wirtschaftslage des Riesenreiches gibt derzeit materiell nicht mehr her.
Inzwischen ist der Staatskonzern GK Roskosmos bemüht, auch private Initiativen und Investitionen in der Raumfahrt zuzulassen, die bisher fest in staatlicher Hand ist. Doch dazu müssen das gesamte Gesetzeswerk und das System geändert werden, und das dauert erfahrungsgemäß in Russland.
© Gerhard Kowalski