So. Sep 22nd, 2024

 

Credit> G. Kowalski
Credit:  G. Kowalski

Eigentlich lieben die Russen Abzeichen über alles. Zu Sowjetzeiten konnte man die zumeist goldfarbenen Snatschki an jedem Zeitungskiosk und Souvenirstand für ein paar Kopeken kaufen. Besonders beliebt waren die unzähligen Abzeichen über den Flug von Juri Gagarin und der anderen Kosmonauten der ersten Generation.

Die bunten gestickten Missionsabzeichen der sowjetischen und nunmehr russischen Raumfahrer sind indes bis heute quasi nicht zu haben. Man kann sie nicht –  wie etwa bei den Amerikanern –   ohne weiteres käuflich erwerben. Nur selten wird eines davon etwa im Shop des Raumfahrt-Gedenkmuseums in Moskau-Ostankino angeboten – und dann auch nur zu einem horrenden Preis.

Da es sich bei den Patches um sehr teure individuelle Einzelanfertigungen handelt,  werden sie von den Raumfahrtfirmen und den Kosmonauten zumeist nur an wichtige Geschäftspartner oder Freunde verschenkt. Überhaupt hat man in Russland die Vermarktung von Weltrauminsignien,  mit der in anderen Ländern viel Geld verdient wird,  aus unerfindlichen Gründen noch nicht entdeckt.

Insofern ist der Bildband Design for Space – Soviet and Russian Mission Patches von Alexander Gluschko für Raumfahrtenthusiasten eine ausgesprochene Fundgrube. Auf 176 Seiten präsentiert der 1972 in Moskau geborene Raumfahrthistoriker erstmals fast 250 dieser Objekte der Begierde aus den Jahren 1963 bis 2014. Doch damit nicht genug:  Er erzählt zu vielen der Patches eine Hintergrundgeschichte,  die er in mühevoller und zeitraubender Kleinarbeit zusammengetragen hat,  und garniert sie mit seltenen Fotos der Besatzungen.

Die Tatsache,  dass die Chronologie erst 1963 beginnt,  hat mit der damaligen überzogenen Geheimhaltung um das Wostok-Programm zu tun. Diese führte dazu,  dass es lange Zeit keine Fotos etwa von Gagarin im Skapander und seinem Raumschiff gab. Gluschko versucht deshalb wenigstens,  das Geheimnis um die auf vielen späteren Fotos fehlende Helmschrift des ersten Kosmonauten zu lüften.

Walentina Tereschkowa,  die im Juni 1963 als erste Frau in den Weltraum flog,  trug an ihrem Bordanzug unter dem Skaphander an der linken oberen Brustseite erstmals eine gestickte Taube mit einem Zweig im Schnabel vor stilisierten Sonnenstrahlen und den roten russischen Buchstaben CCCP –  (das ist die Abkürzung für Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken –  UdSSR). Die Taube ist ganz offenbar Picassos Friedenstaube nachempfunden. In der Öffentlichkeit wurde der Anzug mit dem Symbol damals allerdings nicht gezeigt. Das hätte auch nicht so recht zum Funkcode Tereschkowas –  Tschaika (Möwe) –   gepasst.

Das erste missionsbezogene Emblem galt 1965 der Besatzung des Raumschiffes Woßchod 2 mit Pawel Beljajew und Alexej Leonow. Es zeigte allerdings über einer angedeuteten Erdkugel und den Buchstaben CCCP eine Fantasie-Rakete,  die in den Himmel aufsteigt. Der Grund:  Das Aussehen des Trägers war damals noch streng geheim,  so dass der Designer seine Fantasie bemühen musste.

Design for Space

Soviet and Russian

Mission Patches

210 x 230 mm, 176 Seiten

600 Abbildungen

DOM publishers,  Berlin,  2016

ISBN 978-3-86922-328-5 (Englische Ausgabe)

ISBN 978-3-86922-389-6 (Russische Ausgabe)

28.00 Euro

 

PS

 

Eine andeutungsweise ähnliche,  aber viel bescheidenere Emblem-Sammlung kannte ich bisher nur aus dem Buch Woswraschtschenije is kosmosa –  Chronologija posadok pilotirujemych korabljej 1961-2011 aus dem Moskauer Verlag Russkije Witjasi von 2012.

ISBN 978-5-903389-47-6

© Gerhard Kowalski

4 Gedanken zu „Buch-Tipp: Design für Space – Einmaliger Bildband über die Missionsabzeichen der sowjetischen und russischen Raumfahrt (Korrigierte Fassung)“
  1. Komarow, Feoktistow und Jegorow bildeten im Oktober 1964 die Besatzung von Woschod (ohne Nummer).
    Beljajew und Leonow bildeten im März 1965 die Besatzung von Woschod 2.

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