Mi. Nov 13th, 2024
Credit:  Konkurs HTTM-2016
Credit: Konkurs HTTM-2016

Moskau,  10. November 2016 —  Russische Wissenschaftler haben ein neues wiederverwendbares bemanntes Raumschiff (MTKK) entwickelt. Es wurde erstmals in der Zeitschrift Poljot (Flug – Doppelheft 8/9 2015) vorgestellt. Einer der Autoren,  Prof. Anatoli Sotow vom Moskauer Luftfahrtinstitut MAI,  hat mir folgende kurze Beschreibung des Projekts übermittelt:

Für bemannte Transportraumschiffe (MTKK),  die für die Wiederverwendung vorgesehen sind,  ist der Gleitflug in der Atmosphäre mit nachfolgender Landung auf einem Flugplatz am zielführendsten. Das bedeutet,  dass das beim Abstieg in der Atmosphäre gleitende Raumschiff über eine erhöhte Gleitzahl in einem breiten Spektrum veränderlicher Geschwindigkeiten sowohl im Überschallbereich (für die Sicherung der günstigsten Bedingungen für die Größe der beim Abstieg auftretenden Überbelastungen und Wärmeströme sowie auch zur Gewährleistung der Manövrierfähigkeit des Apparates) als auch bei Geschwindigkeiten bis zur Schallgrenze verfügen muss,  um die Landung abzusichern.

Dabei müssen die spezifischen Flugbedingungen des Apparats beachtet werden. Worum geht es dabei?

Für den Abstieg eines solchen Raumschiffs in der Atmosphäre ist eine breite Skala der Geschwindigkeitsveränderungen (Mach-Zahlen) und der Luftdichte charakteristisch. Das Raumschiff durchfliegt Zonen mit Hyperschall-,  Überschall-,  Transschall- und Unterschallgeschwindigkeiten.

Mit Blick auf die Gewährleistung einer präzisen Landung des Raumschiffes während des Abstiegs in der Atmosphäre ist sein Vermögen wichtig,  Manöver sowohl auf der Abstiegsbahn (für die Entfernung) als auch in seitlicher Richtung durchzuführen.

Aus diesem Grunde erweist sich ein gleitendes Raumschiff,  das über einen hinreichend hohe Gleitzahl verfügt,  als am effektivsten. Bisher haben die US-Space Shuttles und die sowjetische Raumfähre „Buran“ über solche Qualitäten verfügt.

Außerdem führt die Erhöhung der Gleitzahl zur Absenkung der maximalen Überbelastung beim Abstieg und zur Verringerung der Wärmeströme.

Für die Verbesserung des Wärmeregimes ist es wichtig,  dass das Abbremsen in den oberen Schichten der Atmosphäre für die maximale Verringerung der Geschwindigkeit des Raumschiffes vor Erreichen des Höhepunktes der Wärmeströme erfolgt.

Bei einem Raumschiff mit hoher Gleitzahl geschieht dies durch die Vergrößerung des Anstellwinkels. Das kann man durch den Einsatz von außen angebrachten Seitenrudern erreichen.

Für ein Raumschiff sind im aktiven Bereich der Aufstiegsbahn mit einer Trägerrakete keine Flügel erforderlich. Sie werden auch beim Flug im Weltraum nicht gebraucht. Sie spielen nur auf der Abstiegsbahn,  bei der Bewegung in der Atmosphäre,  die Hauptrolle,  indem sie die erforderliche Gleitzahl gewährleisten.

Da die Flügel in allen Etappen des Fluges des Raumschiffes mit Ausnahme der Abstiegsetappe in der Atmosphäre eine passive Masse sind,  die die Massecharakteristika der Konstruktion des Raumschiffes verschlechtert,  stellt sich die Frage des Verzichts auf Flügel und der Übertragung dieser Funktion auf einen Auftriebskörper,  der die erforderlichen aerodynamischen Charakteristika in allen Geschwindigkeitsbereichen des Fluges sichert,  darunter auch bei der Landung auf einer Rollbahn.

Wie bereits gesagt,  wurden in den USA umfangreiche Projektierungsforschungen hinsichtlich der geometrischen Konfiguration flügelloser Flugapparate des Typs „Auftriebskörper“  (M2-F2,  HL-10. CV-5,  X-24A usw.)  durchgeführt. Die Hauptforderung bei der Entwicklung dieser Apparate war dabei die Landung auf einem Flughafen.

Eine Besonderheit der geometrischen Form dieser experimentellen Flugapparate war,  dass der Auftriebskörper eine halbkonische Konfiguration mit verschiedenen Winkeln der Öffnung der konischen Seitenoberfläche und einen unterschiedlichen Verjüngungsgrad der „Nase“ hat. Die Grundlage der Form solcher Apparate ist das Dreieck.

Die Forschungen,  die mit diesen Flugapparaten und ihren Modifikationen durchgeführt wurden,  offenbarten,  wie extrem kompliziert es ist,  die Anforderungen an die Gewährleistung einer erhöhten Gleitzahl bei Hyperschallgeschwindigkeiten dieser flügellosen Apparate mit der Forderung nach einer sicher gesteuerten Landung auf einem Flughafen in Übereinstimmung zu bringen.

Die amerikanischen Forscher sind zu dem Schluss gekommen,  dass ohne die Lösung der Aufgabe der erhöhten aerodynamischen Charakteristika,  die der flügellosen Konfiguration bei den Landecharakteristika denen von geflügelten Apparaten nahekommen,  die Entwicklung und der Bau von Raumschiffen,  die einen gleitenden Abstieg in der Atmosphäre und eine sicherere Landung auf einem Flugplatz vollziehen,  nicht möglich ist – es sei denn höchstens im Rahmen der von ihnen in Erwägung gezogenen Konzeption „Auftriebskörper“. Deshalb wurde bei der weiteren Ausarbeitung eines solchen Raumschiffes der Rumpf-Flügelkonfiguration (Space Shuttle,  Buran) der Vorzug gegeben.

Die Konzeption „Auftriebskörper“ bleibt jedoch hinsichtlich der Optimierung der Massencharakteristika und auch in Verbindung mit einem allgemeinen Schema für mittlere und geringe Nutzlasten (5 bis 15 t) bei Weltraumstarts mit herkömmlichen Einwegraketen äußerst perspektivreich.

Es muss darauf hingewiesen werden,  dass bisher trotz des breiten Forschungsspektrums hinsichtlich der optimalen Form des Auftriebskörpers keinerlei gültige Lösung gefunden wurde.

Deshalb schlagen die Autoren dieses Beitrags vor,  jene Form als Auftriebskörper zu nutzen,  die sie früher bereits für Transportflugzeuge im Unterschallbereich unterbreitet haben. (Hierzu gibt es früher veröffentlichte Artikel – Anm. G. K.)

Bei der Verwirklichung von Maßnahmen,  die auf die Verbesserung der aerodynamischen Charakteristika und die Erhöhung der Flugsicherheit solcher Apparate in allen Regimen (darunter auch bei der Landung auf einem Flugplatz) durch die Redundanz der Stabilisierungs- und Steuerungsinstrumente,  die Nutzung energetischer Methoden zur Erhöhung des Auftriebs mittels eines Unterdruck erzeugenden tangentialen Gasstrahls an der Oberfläche des Körpers und andere sichert die vorgeschlagene Form des Auftriebskörpers nach Ansicht der Autoren die zuverlässige und sichere Landung des Raumschiffes auf einer Flughafenpiste,  wobei die Geschwindigkeit bei der Landung die Landegeschwindigkeit moderner Transportmaschinen nicht übertrifft.

Auf der Grundlage von Forschungen,  die früher in den USA mit konusförmigen Auftriebskörpern mit ovalem Querschnitt (Ellipsen) durchgeführt wurden,  kann man davon ausgehen,  dass die von den Autoren vorgeschlagene geometrische Form des Körpers im Hyperschallbereich über eine Gleitzahl von 2 bis 2,5 verfügt,  womit die Qualität solcher Raumschiffe mit Flügeln wie der Space Shuttles und der Buran überboten wird.

Auf diese Weise  ermöglicht es die Nutzung der vorgeschlagenen geometrischen Form des Auftriebskörpers,  in Zukunft Raumschiffe zu bauen,  die über höhere aerodynamische Charakteristika im Hyperschallbereich verfügen,  die denen der Apparate mit Flügeln nicht nachstehen.

Darüber hinaus gewährleistet die Nutzung einer solchen Form einen hohen Grad an Sicherheit bei Landeoperationen auf Flughäfen,  wie sie für Transportflugzeuge im Unterschallbereich üblich sind.

Zur Veranschaulichung dieser Möglichkeit dienen der vorgeschlagene äußere Anblick,  die Größenabmessungen und die prinzipielle Komposition des Raumschiffes mit dem aerodynamischen Auftriebskörper entsprechend dieser Konzeption.

In Übereinstimmung mit der vorgeschlagenen Konzeption bildet ein entlang der Strömungslinie verlängerter,  gut profilierter Körper die Grundlage der aerodynamischen Komposition des Raumschiffes. Die Seitenansicht hat die Form einer langgezogenen Ellipse,  deren große Achse mit der Längsachse des Körpers zusammenfällt. Der obere Teil ist gewölbt, der untere flach oder schwach gewölbt. Die geometrische Draufsicht ist auch eine Ellipse,  deren große Achse entlang der Längsachse des Flugapparates liegt. Dabei muss das Verhältnis zwischen der kleinen und der großen Halbachse der Ellipse im Bereich zwischen 0.6 und 0.8 liegen.

Die Untersuchungen der vorgeschlagenen Modelle im Unterschallwindkanal und bei ersten Flugtests haben recht positive Ergebnisse gezeitigt.

© Gerhard Kowalski