Paris, 17. August 2016 — Nach den Amerikanern hat nun auch der Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation ESA, Johann-Dietrich Wörner (Foto), auf die Pläne der Russen reagiert, die Zahl ihrer Besatzungsmitglieder in der Internationalen Raumstation ISS von drei auf zwei zu verringern. Es gebe „noch keine Entscheidung auf der russischen Seite“, sagte mir Wörner am Mittwoch auf Nachfrage. „Allerdings gibt es Überlegungen, für einen kürzeren Zeitraum (0,5-1 Jahr) tatsächlich die Kosmonautenanzahl zu reduzieren“, fügte er hinzu. Zu diesen Entwicklungen gebe es zwischen Roskosmos und NASA wohl erste Gespräche.
Die US-Luft- und Raumfahrtbehörde NASA prüfe die Pläne der Russen und nehme zugleich eine Bewertung dieses Vorschlags im Hinblick auf die Risiken für die Station und die Besatzung vor, hatte am Montag deren Vertreter Kenneth Todd auf einem Briefing betont. Danach werde man eine Entscheidung treffen, ob diese Pläne sinnvoll oder schlecht seien und wie man dem Partner notfalls helfen könne.
Todd erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass sich die Russen verpflichtet haben, ihr Engagement in der ISS bis mindestens 2024 fortzusetzen.
Moskau hatte Mitte vergangener Woche die Reduzierungspläne verkündet. Damit wolle man das Forschungsprogramm im russischen Segment effektiver gestalten und Kosten sparen, sagte der Direktor für die bemannten Programme des Staatskonzerns GK Roskosmos, Sergej Krikaljow, der Zeitung Iswestija. Derzeit hole man dazu die Meinung des Flugleitzentrums (ZUP), des Instituts für Medizinisch-Biologische Probleme (IMBP) und anderer nationaler ISS-Partner ein. Die Reduzierung sei dadurch bedingt, dass die Zahl der Frachtraumschiffe, die Russland mit Nachschub zur Raumstation schickt, verringert wurde, betonte Krikaljow. Zudem sei man sich der Notwendigkeit bewusst, die Effektivität des Programms zu steigern.
Das Blatt verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass im Föderalen Raumfahrtprogramm (FKP) für die Jahre 2016-25 umgerechnet 3,5 Milliarden Euro für die ISS vorgesehen sind. Das sei knapp eine halbe Milliarde Euro weniger als ursprünglich geplant. Wegen der anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Situation des Landes sind inzwischen weitere Kürzungen um 15 Prozent vorgesehen.
© Gerhard Kowalski