Houston, 10. April 2016 — Der private US-Frachter Dragon hat am Sonntag mit gut drei Tonnen Nachschub die Internationale Raumstation ISS erreicht. Das unbemannte Raumschiff, das über kein eigenes aktives Kopplungsaggregat verfügt, wurde um 13.23 Uhr deutscher Zeit von US-Astronaut Jeffrey Williams und seinem britischen ESA-Kollegen Timothy Peake mit dem kanadischen Roboterarm „eingefangen“. Um 15.57 Uhr wurde es dann per Hand angedockt. Damit gehören erstmals zwei private US-Frachter gleichzeitig zum Bestand der Station, nachdem Cygnus Ende März hier angekommen war.
Dragon war am Freitagabend an der Spitze einer Falcon 9-Rakete vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral (Florida) aufgestiegen. Es war dies der erste Start des Frachters zur ISS nach dem Fehlstart wegen eines Triebwerkschadens vom Juni vergangenen Jahres. Kurz nach dem Abheben landete die ausgebrannte Erststufe des Trägere erstmals wohlbehalten auf einer schwimmenden Plattform im Atlantik.
Neben Lebensmitteln, wissenschaftlichen Apparaturen, Samen für China-Kohl, lebenden Mäusen und Verbrauchsgütern hat der Frachter auch ein Experimental-Muster des künftigen aufblasbaren Moduls BEAM 330 (Bigelow Expandable Activity Module) des US-Unternehmen Bigelow Aerospace an Bord. Die private Raumstation mit einem Volumen von 330 Kubikmetern soll bis 2020 in den Weltraum geschickt werden und wissenschaftlichen wie touristischen Zwecken dienen, wie Firmenchef Robert Bigelow in Washington mitgeteilt hat.
Zudem bringt Dragon das deutsche Experiment SPHEROIDS auf die Umlaufbahn, das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert wird und mit einem „Ticket“ der Europäischen Weltraumorganisation ESA fliegt. Mit ihm wollen Wissenschaftler der Universität Magdeburg die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf menschliche Blutgefäßzellen (Endothelzellen) untersuchen. Diese Zellen bilden die innerste Schicht der menschlichen Blutgefäße. Sie kleiden jedes unserer Blutgefäße aus, steuern ganz wesentlich die Funktionsfähigkeit unserer Gefäßwände und spielen eine wichtige Rolle bei der Regulierung des Blutdrucks, beim Wachstum von Muskelzellen sowie bei Gerinnungs- und Entzündungsprozessen.
Das BEAM-Muster, das im Auftrag der NASA entstand, hat ein Volumen von rund 16 Kubikmetern und soll fünf Tage nach dem Ankoppeln von Dragon aus dem Frachter geholt und an die Station angedockt werden. Der Durchmesser des knapp 18 Millionen Dollar teuren Modells beträgt etwa 3,2 Meter. Erstmals aufgeblasen werden soll das Modul um den 25. Mai.
Die Arbeiten an BEAM 330 befänden sich noch in einem frühen Stadium, betonte Bigelow. Voraussichtlich bis 2018 wolle man zwei solcher Module fertigstellen. Zwei Länder und zwei große Unternehmen hätten bereits Interesse an dem Projekt bekundet.
Das Unternehmen SpaceX von Elon Musk plant, nach erfolgreichen Tests die zurückgekehrte Erststufe im Mai oder Juni erneut bei einem kommerziellen Flug einzusetzen. Musk hält eine bis zu 20-fache Wiederverwendung für möglich, was zu einer erheblichen Senkung der Startkosten und damit zu einer verschärften Konkurrenz mit den Trägerraketen der Russen führen würde, die sich bereits darauf einstellen.
(c) Gerhard Kowalski