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Credit: RKK Energija
Credit: RKK Energija

Koroljow, 15. Januar 2016 — Riesenüberraschung in der russischen Raumfahrt: Der Nachfolger des legendären bemannten Raumschiffes Sojus heißt Federazija (Föderation). Diese Entscheidung hat der Hersteller des Bemannten Transportkomplexes der neuen Generation (wie die bisherige Arbeitsbezeichnung lautete), die RKK Energija,  am Freitag in Koroljow bei Moskau bekanntgegeben. Die Idee stammt von einem Bürger aus Kemerowo, der nun als Siegerprämie einen bemannten Start in Baikonur (Kasachstan) beobachten darf.

 Der Name wurde in der Endrunde von einer Jury aus nur noch drei Vorschlägen ausgewählt: Gagarin, Vektor und Federazija. Dass die Entscheidung auf letzteren fiel, hat für große Überraschung gesorgt. Die meisten haben auf Gagarin getippt. Diesen Namen sowie den Namen Vektor sollen nun andere Weltraumprojekte erhalten. Insgesamt waren 5.817 Vorschläge eingereicht worden.
Das neue Raumschiff soll mit modernster Technik ausgestattet werden und mehrfach verwendbar sein. Die Kapsel bietet vier Kosmonauten Platz und hat in der Mondvariante eine Masse von 19 und in der für Flüge im erdnahen Raum von 14,4 Tonnen. Der Landeapparat, der voll aus Kompositstoffen besteht, soll neun Tonnen schwer sein. 
Als Trägerrakete für das 6,1 Meter lange Raumschiff, das 30 Tage autonom und ein Jahr lang im Verbund mit einer Orbitalstation operieren kann, ist die neue Angara-A5W vorgesehen. Das Tandem soll nach bisherigen Vorstellungen nicht vor 2022 das erste Mal starten.
 
Bisher gab es nur ein einziges Raumschiff, das den Name Gagarins trug. Es handelte sich dabei um Sojus TMA 21, das im April 2011 zum 50. Jahrestag des historischen Fluges des russischen Weltraumpioniers zur Internationalen Raumstation ISS flog. An Bord waren die Russen Alexander Samokutjajew und Andrej Borissenko sowie der Amerikaner Ronald Garan. 
 
(c) Gerhard Kowalski
20 Gedanken zu „Riesenüberraschung: Der Sojus-Nachfolger heißt Federazija – Name aus rund 6.000 Vorschlägen ausgewählt“
  1. Herr Kowalski, ich erlaube mir eine kleine Korrektur.

    Die Angara-A5W ist primär für schwere Lasten darunter für den Start von mehreren Satelliten in GEO als auch für bemannte Mondflüge vorgesehen.

    Für den Start der Federazija in LEO und zu ISS ist die neue Angara-A5P vorgesehen, dazu gab es schon vor Jahren eine Ausschreibung. Ein Model des Trägers mit dem neuen Raumschiff war auf der MAKS zu sehen. Es geht hier um die Adaption der Angara-A5 für bemannte Starts. Der erste unbemannte Start mit Federazija ist ab 2021-22 vorgesehen, so die heutige Plannung ausgehend von Roskosmos Dokumenten. Auch die Transportkosten zum Wostotschny stehen schon fest, dafür sind 160 520 000 Rubel vorgesehen, Transport zwischen dem 1 Juli 2021 und 30 September 2021. Die nächsten Transporte und Starts sind für 2022 und 2023 geplannt. Um 2025 sind auch die ersten Starts der Angara-A5W vorgesehen.

    Für mich persönlich ist der Zeitplan aber sehr fraglich.

  2. Lieber Jewgeni-7,

    dass die Angara-A5W für schwere Lasten vorgesehen ist, ist mir bewusst.
    Dazu zählt aber auch Federazija in der Mondvariante, wie man gestern bei RIA Nowosti erneut nachlesen konnte.

    Besten Gruß

    G. Kowalski

  3. Der Start der Federazija Mondvariante (etwa 20 Tonnen) erfolgt immer zusammen mit einer DM Beschleunigungsstufe, so kommen wir auf 38 Tonnen Nutzlast.

    Das einschwenken der Federazija in einer Mondumlaufbahn erfordert einen zweiten Start der Angara-A5W mit einer sehr schweren Wasserstoff-Beschleunigungsstufe, danach die Kopplung auf der LEO mit anschliessenden Start zum Mond.

    Ausgehend von Roskosmos Dokumenten wurde aber die Entwicklung der erforderlichen Beschleunigungsstufe im FKP bis 2025 aus Budgetgründen auf Eis gelegt.

  4. Ich lese heute dass das russische Finanzministerium hat vorgeschlagen den Betrag des FKP 2016-2025 um weitere 10% (etwa 150 Milliarden Rubel) wegen der Wirtschaftskrise zu reduzieren. Das schreibt Kommersant unter Berufung auf eine Quelle in der Nähe der Staatskorporation Roskosmos. Das wurde am 13 Januar auf einer geschlossner Sitzung der Regierung mit Putin beraten.

    Mit anderen Worten sind weitere Verschiebungen und Streichungen der Raumfahrtprojekte absolut möglich. Insgesamt also schlechte Aussichten für Federazija und Angara-A5W.

    Auf der anderen Seite sehen wir die erfolgreiche Entwicklung des SLS Trägers und NASA möchte schon kurz nach 2030 bemannt zum Mars fliegen. Die Arbeiten sind schon im Gange.

  5. Angara und der Mondflug

    Zunächst, die Angara Trägerrakete hat auch einen absoluten Weltrekord der Ineffizienz, von der Beschlussfassung bis zu Serienproduktion vergehen etwa 27 Jahre.

    Für eine bemannte Mondlandung sind 4 Starts, für längeren Aufenthalt aber 6 Starts notwendig. Ausgehend von einer kurzen Mondexpedition, der Mondlander hat nur eine Masse von 19 Tonnen, folgende Systeme und Triebwerke sind dafür notwendig:

    1) 4 x Beschleunigungsstufen, 2x MOB-1 und 2x MOB-2

    2) 20 x RD-191M Triebwerke für URM-1
    3) 8 x RD-0150 Triebwerke für URM-2W, hat eine Länge von 20 Meter, Durchm. 4,1 Meter
    4) 4 x RD-0146 Triebwerke für MOB-1 Beschleunigungsstufe
    5) 2 x 11D58MF Triebwerke für MOB-2 Beschleunigungsstufe (Block DM-03), Startmasse von 21,8 Tonnen

    Zusammengefasst, für eine Mondlandung sind 4 Angara-A5W notwendig, das heißt auch wir brauchen 4 Beschleunigungsstufen und 34 Triebwerke, ein gewaltiger logistischer und materieller Aufwand, kein Vergleich zu Saturn-5 und Apollo-LM. Die Starts efolgen von Plessezk (Mondlander=LPVK) und vom Wostotschny mit Federazija. In der Variante mit 85 Tonnen Nutzlast hat der Mondlander eine Masse von etwa 35 Tonnen, ist sehr komfortabel und für langen Aufenthalt auf dem Mond für 4 Kosmonauten gedacht.

  6. Der Artikel sagt es ja: Riesenüberraschung – für die deutsche Seele, die eigentlich Anderes erwartete.
    Dementsprechend Riesen-Diskussionen darum, vor allem auch betr. einer deutschen Übertragung.
    Vielleicht kann uns der Jewgeni-7, hier immer sehr konstruktiv vertreten, mal einen Blick in die russische Seele dazu gewähren. Denn um diese geht es ja und nicht um das, was wir uns im Lande manchmal so denken.
    Würde mich – und sicher Andere auch – riesig freuen.

    Beste Grüße
    Rainer

  7. @ Rainer Blum, zur Namensgebung.

    Zunächst eine Episode zu Buran. Nach Gluschko sollte das Raumschiff Energija heissen (nach der Trägerrakete), Lozino-Lozinskij wollte aber Molnija, es entstand somit ein Kompromis auf Baikal, deutlich auf einigen Bilder zu sehen. Kurz vor dem Start, aufgrund des langen Namens und der Anordnung hat sich aber herausgestellt, das nach der Landung könnte das Buchstabe l durch die hohen Temperaturen untergehen. Aus Baikal wäre somit Baika, und Baika bedeutet Märchen. Das geht aber nicht!!! So hat der General Kerimow den Namen Buran vorgeschlagen das auch umgehend mit Farbe umgesetzt wurde. Der Name Buran, also Schnesturm, war auch dem ersten Start absolut gerecht.

    Der zweite Starttermin wurde für den 15 November festgelegt, in Baikonur herrschte Wirbelsturm, Regen, Ostwind und der Raketenkomplex war Stellenweise mit einer Eisschicht von 1..1,7 mm bedeckt !!! Der Wind erreichte eine Spitzengeschwindigkeit bis 15-20 m/s, trug auch Sandkörner von der Steppe gemischt mit dem Schnee an die Rakete heran. Ja, der Name Buran (Schneesturm) wurde also nicht umsonst gewählt. Erst 26 Minuten vor dem Start fällt unsere Entscheidung für den Flug und 13 Minuten vor dem Abheben war auch die Sonnen zu sehen, ein unvergesslicher Anblick. Wäre noch zu erwähnen, dass das Kommando Pusk bei T-600 Sekunden erfolgte (Start erfolgt bei Kontakt) und bei T+30/39 Sekunden erfolgte schon die starke Drosselung der Triebwerke (RD-0120, RD-170). Bei 1,25 Sekunden nach dem Start war die Trägerrakete mit Buran 20 cm über der Startrampe.

    Nun zu Federazija, für mich keine Überraschung, es gab nur 3 Kanditaten und Gagarin für einen Raumschiff wäre deutlich nicht passend, das geht nicht. Der Name Gagarin als auch Swesda (Stern) wäre eher für eine Mondbasis gerecht. Die neue Stadt bei Wostotschny heisst auch Ziolkowski. Auch die öffentliche Ausschreibung ist ein Novum.

    Mit der Entwicklung der RUS-M Trägerrakete für das neue Raumschiff war auch die Bezeichnung RUS Raumschiff (mein persönlicher Favorit) hoch im Kurs. Persönlich finde ich aber den Namen für einen Rumschiff etwas zu lang, eine Alternative wäre auch Angara Raumschiff.

  8. Ja, und das bemannte Raumschiff mit dem die Kosmonauten am 8 Dezember 1968 wollten zum Mond starten, erhielt die Bezeichnung Lunolet-1. Davon wusste fast die ganze westliche Welt darunter die USA, NASA und Deutschland von einer bemannten Mondumrundung der Russen.

    Der Start des bemannten Raumschiffes Lunolet-1 wurde aber nach langen Sitzungen abgesagt, die Schlüsselrolle gegen den Flug spielte der Professor G. Tjulin von der staatlichen Kommission. Das Raumschiff wurde ohne Kosmonauten am 20 Januar 1969 als Zond-7A gestartet, die Proton explodierte erneut…

    Dazu auch folgendes. Im Rahmen der Vorbereitung der Zond Flüge sind zwischen März 1967 und Juli 1969 beim Start als auch vor dem Start 7 (sieben !) Proton Trägerrakten explodiert. So explodierte die Proton Trägerrakete der Zond-5B vor dem Start (es gab drei Tote Menschen) und der Zond-5A kurz nach dem Start.

    Ja, für ein Mondraumschiff eine Bezeichnung als Lunolet finde ich sehr gut, aber das ist Vergangenheit.

  9. RUS hätte mir auch gefallen. Ich habe ja auch viel darüber geschrieben.
    Doch der Name ist mit der Ukraine-Krise wohl „verbrannt“. Immerhin wurde Russland ja auch in der Kiewer RUS gegründet.

    Federazija weckt bei mir keine großen Assoziationen. Ich bin gespannt, wie die Presse den Namen annimmt oder vielleicht auf Föderation ummünzt.

    Ich frage mich aber, welches neue russische Projekt des Namens Gagarins würdig wäre?
    Eine russische Mondbasis werde ich ganz sicher nicht mehr erleben. Niemand hat das ewige Leben. Ich wäre froh, wenn ich es bis zum Ende von FKP-2015 schaffe

    GK

    GK

  10. Zunächst, von einer Ausschreibung halte ich persönlich nicht viel. Da sollte schon der Entwickler, also die RKK Energija, das Recht auf die Namensgebung haben, natürlich zusammen mit Kosmonauten und einigen Experten der Sprache.

    In neuen Zeit wurden die Raketenkonzepte nach Flüssen bezeichnet, so wie Amur, Jenissei oder Lena Trägerrakete. Da aber die Träger das Licht der Welt niemals erblicken, wäre die Bezeichnung auch interessant für Raumschiffe oder für Träger die auch gebaut werden. In den Jahren 1985-89 wurde von RKK Energija das Raumschiff Zarja entwickelt, ein sehr schönes kurzes Name auch ohne Ausschreibung, wäre deutlich besser als Federazija.

    Die RUS Bezeichnung ist aber auch mit dem Ende der Trägerrakete gestorben. Wäre die Trägerrakete gebaut, so möchte die Bezeichnung unabhänig von der Ukraine-Krise weiter seine Gültigkeit haben. Wir hätten als eine RUS Trägerrakete.

    Gegenwärtig werden viele russische Projekte gestrichen, eine Namensgebung von Gagarin ist in nahen Zukunft nicht in Sicht. Ein Mondlander Gagarin wäre auch sprachlich nicht korrekt als auch eine neue Orbitalstation nach MKS.

    Das Echo auf Federazija ist bis jetzt recht verhalten, also keine Begeisterung.

  11. Die Namensgebung war auch deutlich zu früh.

    Was aber die meisten nicht wissen, in Russland wird das Raumschiff noch nicht gebaut. Schon seit längeren Zeit wird an der technischen Dokumentation gearbeitet, die eigentlichen Arbeiten erfolgen wahrscheinlich erst zu Ende des Jahres. Das Raumschiff werde zu 80% aus Verbundwerkstoffen bestehen, bei technischen Lösungen erleben wir einige Weltpremieren.

  12. Der Bau von Federazija wird jetzt aber beschleunigt. Dafür verzichtet man auf bemannte Starts mit Sojus MS von Wostotschny.

    GK

  13. Bei Betrachtung der OKR Arbeiten zu Federazija, Sojus-5 oder DRD (детонационный ракетный двигатель) haben wir schon einen gewaltigen technischen Fortschritt zu verzeichnen.

    Dagegen bei der Angara Entwicklung erfolgten alle Arbeiten auf Papierzeichnungen wie im Mittelalter. Jetzt nach 20 Jahren werden sämtliche technische Zeichnungen und Unterlagen der Angara digitalisiert. Ja, das ist schon eine gigantische Arbeit für mehr als zwei Jahre, aber auch absolut notwendig. Die VPK (Военно-промышленной комиссии) hat mit der Kritik hier nicht gespart.

  14. Zu Federazija und Angara gibt es neue Infos, was aber sagen die User in russischen Medien ?

    Grundsätzlich ist die Meinung zu russischen Raumfahrt aber negativ. So schreibt ein ganz bekannter User (Name hier ist unwichtig, er Arbeitet in der Raumfahrt), das für den bevorstehenden Start der schweren Angara hat er ein sehr schlechtes Bauchgefühl, erwartet einen Fehlstart des Trägers.

    Ja, eine kontäre Meinung zu manchen ostdeutschen Raumfahrt Liebhabern.

  15. Miesmacher gibt es überall, und die Raumfahrt ist ja auch kein Ponyhof.
    Bis zum Angara-Start Ende des Jahres kann sich seine Laune aber noch bessern.
    Bei Federazija muss er sogar noch Jahre warten, bis er sich davon überzeugen kann, ob er Recht hatte oder nicht.

    Ich werde den geglückten Start hoffentlich noch erleben.

    GK

    l

  16. Ja, da stimme ich Ihnen zu, wobei ich grundsätzlich gegen Forren bin, dort gibt es zu viele Besserwisser und Märchenerzähler die aber von mathematischen Algorithmen wenig wissen. Berechtigte Einwände und Kritik aus der Raumfahrtindustrie sind aber ernst zu nehmen.

    Federazija der Mondvariante hat sich etwas verkleinert, hat einen Volumen von 9 m3, der neue Kupplungsstutzen wird aus Titanlegierung gefertigt. Besonderer Aufmerksamkeit erhalten aber die neuen Navigationssysteme des Raumschiffes, mit den vorhandenen 4 Antennen wird das Raumschiff von 24 Navigationssatelliten auch Signalle empfangen, dabei wird die Bahn mit einer Genauigkeit bis zu 5 Metern berechnet.

    Roskosmos spricht jetzt von einer Mondbasis um 2035 am Südpol wo immer die Sonne scheint, was die meisten aber nicht wissen, auch Lin, ein privates Unternehmen möchte eine Bassis „Луна семь“ für 2 Kosmonauten errichten. Laut der Geschäftsleitung sind dafür nur etwa 600 Milliarden Rubel notwendig.

  17. Also, immer langsam mit den jungen Pferden, wie ein deutsches Sprichwort sagt. Erst einmal muss die Angara fliegen lernen, dann Federazija, dann kommt die erste bemannte Mondlandung, die von etwa fünf unbemannten Sonden (Luna 25 usw.) vorbereitet wird, und dann erst können wir von der Mondbasis reden. Bis dahin gehen mindesten 20 Jahre ins Land.

    Freuen wir uns also erst einmal auf den 27. April und hoffen, dass da nichts schief geht. Ich bin da Optimist.

    GK

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