Vor 50 Jahren, am 14. Januar 1966, ist der „Vater der modernen sowjetischen Raumfahrt“, Sergej Koroljow, gestorben. Mit seinem frühen Tod verlor die UdSSR den führenden Kopf, dem sie den ersten künstlichen Erdsatelliten, den Sputnik, und den ersten Menschen im All, Juri Gagarin, verdankt. Koroljows Sojus-Raumschiff und die gleichnamige Trägerrakete sind heute noch im Einsatz, weil es bisher niemand nach ihm vermochte, für adäquate Nachfolger zu sorgen. Erst Anfang des nächsten Jahrzehnts ist mit dem Raumschiff und dem Träger der neuen Generation zu rechnen.
Der begnadete Flugzeug-, Raumschiff- und Raketenbauer Koroljow war 1938 in der Zeit des Großen Terrors aufgrund einer Denunziation nach Sibirien verbannt worden. Er überlebte den GULAG nur durch Zufall. Als Gefangener Stalins war er zunächst in einer Goldmine tätig. Dann entwickelte er in einem Speziallager des Geheimdienstes NKWD Zusatzraketen für Kampfflugzeuge. Ab 1944 war er maßgeblich an der Errichtung des sowjetischen „Raketenschilds“ beteiligt. Dazu gehörte auch das Studium von Hitlers „Wunderwaffe“ V-2 nach dem Zweiten Weltkrieg. 1953 begann Koroljow mit der Entwicklung der ersten atomaren Interkontinentalrakete R-7 als Grundpfeiler dieses Schilds, die er 1957 abschloss. Deren Zivilvarianten haben nicht nur die Sputniks sondern auch zahlreiche Mond-, Mars- und Venussonden auf den Weg gebracht.
Koroljow wurde erst 1957 voll rehabilitiert. Als Geheimnisträger durfte sein Name bis zu seinem Tod nicht genannt werden. Deshalb verhinderte auch Parteichef Nikita Chruschtschow seine Auszeichnung mit dem Nobelpreis für den Sputnik.
(Siehe auch meinen Beitrag für Spiegel Online von heute)
(c) Gerhard Kowalski
Zu Sputnik einige Episoden, Koroljow war aber nicht der Entwickler.
Jeder der damaligen Zeit erinnert sich an den Vorfall mit dem Bericht des führenden Konstruktors des ersten Satelliten Michael Khomyakow im Büro von Koroljow. M. Khomyakow hat seinen ersten Sputnik als SP bezeichnet. Koroljow erwiderte mit lächeln dazu: „Sie sind verwirrt, SP das bin ich und der Satellit ist PS!“ Anmerkung: PS = Простейший Спутник.
W. Lappo der Konstruktor der Funkanlage, erinnert sich auch wie einst Koroljew in der Nacht ins Labor kam und hat ihn aufgefordert die Satellitensignale zu hören. Lappo erklärte dass der Druck und die Temperatur im Inneren des Satelliten durch Änderung der Länge der Radiosignale gesteuert werden. Nach weiteren technischen Erklärungen war Koroljow sehr glücklich an den „piep-piep“ Signalen und fragte vorsichtig, ob es eine Übertragung von einigen Wörtern aus dem Kosmos möglich wäre.
Die Vorplannung für den Satelliten erhielt die Abteilung von S. Krjukow, wissenschaftlicher Berater war M. Tichonraw. An der technischen Entwicklung war die Abteilung von E.Rjazanow zuständig.
Die mathematische Grundlage für einen Sputnik und einen Weltraumflug haben begeisterte Mitarbeiter um Tichonrawow schon in den Jahren 1947-1948 ohne Computer dargelegt und bewiesen. Die Ergebnisse wurden im Juni 1948 während einer Tagung der Akademie der Wissenschaftlichen Artillerie vorgelegt, für die meisten Teilnehmer war das so seltsam wenn nicht absurd und unglaubwürdig.
Noch ein Wort zu Transportmöglichkeiten von Atombomben. Schon 1953 hat Koroljow die Info von W. Malysch erhalten, er möge eine Trägerrakete für Atombomben vergessen. Die Entwickler der Wasserstoffbombe können die Masse auf 3500 kg begrenzen, die Info hat Koroljow während einer Geheimtagung an seine Mitarbeiter weitergeleitet. Damit waren die technischen Parameter der R-7 geboren, auch die vorgesehe Steuerung wie bei V-2 wurde eine Absage (durch Gluschko) erteilt. Mit 12 Steuerungstriebwerken wurde die Entwicklung aber nicht einfach, in den technischen Dokumenten sind ständig neue Fehler aufgetaucht. Es war mitunter sehr schwer den Überblick zu behalten.
Die ursprüngliche Bezeichnung des Satelliten als Objekt D, mit einer Startmasse von 1000-1400 kg und mit Ausrüstung für die Forschung mit einem Gewicht von 200-300 kg, war ein Geheimcode. Nun ja, Baikonur hatte auch mehrere Geheimcode die sich ständig änderten wie Tajga, Kyl Orda-50 (Postadresse), Taschkent-90. Die erste Postadresse erhielt Baikonur im Jahr 1955, eine gemeinsame Entscheidung des Ministeriums für Kommunikation und des Verteidigungsministeriums der UdSSR, als „Moskau-400, Nr..“.
Wie Sie sicher auch wissen, sollte der spätere Sputnik 3 eigentlich der Sputnik 1 sein. Da Koroljow fürchtete, dass ihm die Amerikaner zuvor kommen, setzte er gegen den Widerstand vieler seiner Ingenieure durch, dass der Einfachste Sputnik (PS) schnell gebaut und gestartet wurde. Vielen ambitionierten Ingenieuren war diese, wie sie sagten, Weihnachtsbaumkugel peinlich.
GK
Ja, schon am 12. Mai 1946 präsentierte Verner von Braun dem US-Verteidigungsministerium ein Bericht über eine Vorplanung eines kosmischen Raumschiffes der die Erde umkreist. Das Verteidigungsministerium weigerte sich aber die notwendigen Mittel bereitzustellen. Erst am 26 Mai 1955 auf einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates wurde das Programm zum Bau eines Satelliten genehmigt.
Tichonrawow wollte sogar mit einer Höhen-Raketen WR-190 zwei Piloten in den Weltraum auf einer ballistischen Flugbahn schicken. Das Projekt wurde von der Akademie der Wissenschaften und des Ministeriums für Luftfahrtindustrie positiv bewertet. Sein Brief an Stalin vom 21 Mai 1946 blieb jedoch ohne Antwort.
Zum Koroljow Todestag hat sich auch W. Bugrow recht kritisch zu russischen Raumfahrt geäußert. Als junger Mann war er Wegbegleiter von wichtigen Projekten an der Seite von Koroljow, darunter von Mond- und Marsflügen.
Am 9 Dezember 2014 hat Bugrow sogar ein Brief an Komarow und Ostapenko geschrieben, es ging um die Entwicklung einer Koroljow Idee von einen TMK Raumschiff. RKK Enegija hat recht positiv daruf geantwortet, aber auch hier bleibt das nur ein Traum.
Koroljow und Tichonrawow haben schon um 1930 erkannt, das für weite Flüge in den Kosmos ein Raumschiff von etwa 70 Tonnen (TMK) notwendig wäre. Später nahm die Idee in Form der N-1 mit 70 Tonnen Nutzlast eine reelle Gestalt, als auch Konzepte eines TMK Raumschiffes für Flüge zu Wenus und Mars. Für die Landung der Kosmonauten auf dem Mond war aber eine Nutzlast von 90-100 Tonnen notwendig. Dazu waren folgende Veränderungen vorgesehen:
– Zusätzliche 6 Triebwerke im zentralen Teil der Trägerrakete.
– Azimut Veränderung beim Start.
– Reduzierung der Referenzbahn.
– Erhöhung des Treibstoffes durch Unterkühlung.
Dadurch kommen wir auf 95 Tonnen Nutzlast bei einer Startmasse von 2850 Tonnen. Weitere Erhöhung der Nutzlast war mit Wasserstoff möglich.
Ja, was hätte nur Koroljow dazu gesagt, seine Mond- und Marsflüge als auch nukleare Triebwerke sind auch 50 Jahre nach seinen Tod nicht in Sicht.
1) N1 ist technisch gescheitert, wahres Desaster.
2) Energija-Buran ist finanziel gescheitert, Startkosten und Unterhalt konnte der Staat nicht tragen.
3) Der Methanträger STS von 2015 ist aus finanziellen Gründen gescheitert.
Bugrow ist quasi persona non grata, weil er die Mars-Pläne von Koroljow veröffentlicht hat, deren Umwidmung auf das Mondprogramm schließlich zum Bau der N1 geführt haben.
GK